••• Von Alexander Haide
Der Traum vom emissionsfreien Fliegen könnte durch neuartige Wasserstoff-Elektromotoren in einigen Jahren Realität werden. Denn während Elektromotoren in Autos, die von Batterien gespeist werden, längst klaglos funktionieren, war das bisher in Flugzeugen unmöglich – die benötigten Akkus wären einfach zu schwer, um sie auf längeren Strecken effizient einzusetzen. Der erste Schritt auf dem Weg zum Fliegen ohne fossile Treibstoffe ist bereits getan: ZeroAvia hat an seinem britischen Standort einen Prototyp des ZA600-Motors an Bord eines Dornier 228-Flugzeugs ausgiebig getestet. Zusätzlich führte das Unternehmen in den USA und Großbritannien fortgeschrittene Bodentests für die wichtigsten Bausteintechnologien des ZA2000-Systems durch. Dazu zählen unter anderem kryogene Tanks, Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzellen und elektrische Antriebssysteme.
Beim Betrieb der neuartigen Flugzeugmotoren fällt als einzige Emission Wasserdampf an. Studien schätzen, dass diese Antriebsmethode eine bis zu 90% geringere Klimabelastung im Vergleich zu Kerosin verursacht. Der Einsatz des ZA2000-Antriebs ist vorerst für regionale Turboprop-Flieger mit bis zu 80 Sitzplätzen wie die ATR72 oder die Dash 8-400 geplant.
KLM als Partner
Als Partner für die revolutionäre Antriebstechnik konnte ZeroAvia die niederländische Airline KLM gewinnen. „KLM möchte auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft der Luftfahrt eine Vorreiterrolle einnehmen. Deshalb unterstützen und fördern wir aktiv Innovationen, um den Wandel in der Branche voranzutreiben”, untermauert Maarten Koopmans, Geschäftsführer von KLM Cityhopper, den Weg in eine nachhaltige Zukunft. „Wenn es um die Zukunft emissionsfreier Flüge geht, unterstützt KLM verschiedene Technologien und Innovationen gleichzeitig. Gemeinsam mit unseren Branchenpartnern forschen wir an Flügen mit Elektro, Wasserstoff- und Hybridantrieb und erkunden Möglichkeiten, diese Fortschritte voranzutreiben.”
Erstflug für 2026 in Planung
Der nächste, wichtige Meilenstein, der allerdings erst im Jahr 2026 bewältigt werden soll, ist ein Demonstrationsflug zwischen zwei Flughäfen.
Zuvor müssen allerdings noch ein optimaler Start- und Lande-Airport ausfindig gemacht, die erforderlichen Arbeitsabläufe erprobt und die behördlichen Fluggenehmigungen eingeholt werden.
Zusätzlich muss eine ausreichende und sichere Versorgung mit flüssigem Wasserstoff gewährleistet und die unterstützende Infrastruktur für die Betankung der Flugzeuge geschaffen werden.
Von Schnitzeln und Fliegern
Hierzulande erreichten nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF) vor allem durch die Werbekampagne der Austrian Airlines, „Fett buchen”, Bekanntheit. Sie sind zumindest klimaschonender als das herkömmliche Flugbenzin Kerosin und gelten derzeit noch als entscheidender technologischer Schlüssel und als essenziell für die Energiewende in der Luftfahrt.
SAF, wie sie unter anderen Austrian und KLM einsetzen, können aus den unterschiedlichsten Ausgangsstoffen hergestellt werden. Die Lufthansa Group und damit auch Austrian verwenden hauptsächlich biogene Reststoffe, die etwa aus gebrauchten Speiseölen und -fetten erzeugt werden. Alle eingesetzten SAF der Lufthansa Group sind nach dem ISCC- oder RSB-System mit einer Treibhausgasreduktion von mindestens 80% zertifiziert. Das entspricht geltendem europäischen Recht, insbesondere der Richtlinie über erneuerbare Energien, erläutert Austrian auf ihrer Internetseite.
Passagiere können bei der Buchung bereits jetzt ihren CO2-Fußabdruck vermindern, indem sie ihn rechnerisch reduzieren. Allerdings hat das keine direkte Auswirkung auf die eigene Flugreise, denn die Lufthansa Group bezieht genau jene Menge SAF, die für die vom Fluggast gewählte CO2-Reduktion nötig ist und speist sie innerhalb von sechs Monaten an einem ihrer Standorte in den Flugbetrieb ein.
Ziele kaum erreichbar
Zwar ist die globale Luftfahrt „nur” für rund fünf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, was in Summe dennoch eine erhebliche Belastung des Klimas zur Folge hat. Deshalb wurde das Ziel ausgegeben, bis zum Jahr 2050 eine klimaneutrale Luftfahrt anzustreben, was allerdings kaum erreichbar erscheint. Eine Voraussetzung dafür wäre eine hohe Besteuerung von Kerosin oder verbindliche Quoten zur Verwendung von SAF – was aus kommerziellen Gründen wohl kaum geschehen wird.
Auch die immer wieder beschworene Hoffnung auf neue Kraftstoffe und Antriebe sei – in großem Maßstab – in den kommenden 25 Jahren unrealistisch.
Bis zu 1,5 Tonnen CO2
Ein Grund für die eher pessimistischen Aussichten auf klimafreundliches Fliegen ist, dass die Entwicklung und Zulassung neuer Flugzeugdesigns und -antriebe rund 15 Jahre dauert. Bis neue Technologien breitflächig den Markt durchdringen, vergehen dann nochmals etwa 30 Jahre. Das gilt auch für den Wasserstoff-Elektro-Antrieb, wie er von ZeroAvia und KLM derzeit entwickelt wird.
Es liegt also noch viele Jahre lang ausschließlich an den individuellen Reisegewohnheiten, in welchem Maße Flugzeuge zur Klimaerwärmung beitragen. Mit dem Schienenverkehr steht jedoch zumindest auf der Kurz- und Mittelstrecke innerhalb Europas eine Alternative zur Verfügung.
Für Transatlantikflüge jedoch werden pro Passagier noch viele Jahre lang zwischen einer halben und eineinhalb Tonnen CO2-Emissionen zu Buche schlagen.