So leicht haben es die Autoknacker
© ÖAMTC
Mehr als 20 Modelle ließen sich im Test problemlos manipulieren und machten den Autodiebstahl zum sprichwörtlichen Kinderspiel.
MOBILITY BUSINESS georg biron 01.04.2016

So leicht haben es die Autoknacker

Moderne Autos mit ihren Apps sind für Hacker leicht zu öffnen. Ein ÖAMTC-Test beweist außerdem, dass Keyless-Schließ­systeme bei vielen Autos Sicherheitslücken aufweisen.

WIEN. Die US-Behörden warnen vor Hackerangriffen auf Autos. Diese seien „zunehmend anfällig” für Cyberattacken, heißt es in einem FBI-Bericht. Als mögliches Sicherheitsrisiko wird die Gefahr genannt, dass Fremde die Kontrolle über Autos übernehmen können.

Die Besitzer sollten daher vorsichtig sein. Kriminelle könnten sich etwa Zugang zur Fahrzeug-Software beschaffen, indem die Kunden schadhafte E-Mails öffnen. Sicherheitslücken wurden zuletzt etwa bei Autos von Fiat Chrysler, der Opel-Mutter General Motors und BMW entdeckt.
Schon jetzt werken bis zu 80 Geräte, die Daten erheben, in neuen Autos und damit arbeiten v.a. Werkstätten. Auch Versicherer und Autobanken, Leasinggeber und andere Finanzierer sind daran interessiert.
Einer aktuellen Q-Perior-Umfrage zufolge fürchten 84%, dass ins Auto integrierte Apps Tür und Tor zur Fahrzeugelektronik öffnen könnten. 78% vermuten, dass Fahrzeughersteller, Versicherungen oder Werkstätten kooperieren, um sich mithilfe von ausgewerteten Fahrzeugdaten Vorteile zu verschaffen.
Mit einem Komfort-Schließsystem (kurz „Keyless” genannt) ausgestattete Autos erkennen per Funk, dass man den Schlüssel bei sich trägt. Die Zentralverriegelung öffnet sich, wenn man sich dem Fahrzeug nähert und den Türgriff berührt (oder einen Taster am Griff drückt). Meist ist auch für das Starten des Fahrzeuges kein Zündschlüssel notwendig – ein Tastendruck reicht.

25 Fahrzeuge im Test

Ein ÖAMTC-Test mit 25 aktuellen Fahrzeugen der verschiedensten Preisklassen zeigt, wie leicht es ein solches System den wissenden ­Autodieben macht.

Es reicht, einen Empfänger in der Nähe des Schlüssels zu positionieren und mit einem Sender zum Auto zu gehen. Kenntnisse zum ­Hacken, Ver- und Entschlüsseln von Daten sind dafür nicht notwendig.
Dazu ÖAMTC-Cheftechniker Max Lang: „Ein einfacher ‚Reichweiten-Verlängerer', der frei und legal angeboten wird, genügt.”
Die Reichweiten-Verlängerung hat im Test auch durch Türen und Mauerwerk funktioniert. Ein Dieb kann das Auto öffnen und den Motor starten, obwohl der Besitzer den Schlüssel in der Hosentasche hat, während er in einem Café sitzt.

Verlängerung der Reichweite

„Läuft der Motor erst einmal, bleibt er auch ohne Schlüssel so lange in Betrieb, bis er abgestellt wird oder der Sprit ausgeht. Theoretisch könnte ein Dieb also bei laufendem Motor nachtanken und das Auto über weite Strecken, auch bis ins Ausland, ‚entführen”, so Lang.

Dem Opfer kann sogar noch weiteres Ungemach drohen: Ist der Dieb mit dem Auto außer Reichweite des Funksignals und würgt den Motor ab, kann er das Fahrzeug nicht mehr starten. Wenn er dann flüchtet und die Polizei den Wagen findet, sind meist keinerlei Diebstahlspuren zu finden”, so der ÖAMTC-Experte. Das kann zum Verdacht führen, der Autobesitzer habe den Diebstahl vorgetäuscht, um einen profitablen Versicherungsbetrug zu begehen.

Organisierte Kriminalität

„Ob im Biergarten, im Restaurant oder beim Golfen – ein Dieb muss nur mit dem Empfänger dem Fahrzeugbesitzer folgen, während ein Komplize sich mit dem Sender dem Fahrzeug nähert, es öffnet und wegfährt. So könnten nach und nach ganze Parkplätze geleert werden”, warnt Lang.

Eine wirksame Methode, wie der Besitzer Abhilfe schaffen kann, sind spezielle Schlüsseletuis, die kriminell eingesetzte Funkwellen blockieren.

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