„Genug ­gejammert!”
© APA/Roland Schlager
Am 1. Jänner 2016 wird es ernst, nicht nur für Gastronomie und Handel: Start der Registrierkassenpflicht.
PRIMENEWS 18.09.2015

„Genug ­gejammert!”

Registrierkassen: Lange wurde über die Spezifikationen ­diskutiert, anfänglich an der Praxis vorbei. Jetzt gibt es akzeptable Lösungen – Zeit, sie auch umzusetzen.

••• Gastkommentar von Markus Knasmüller

WIEN. Die Einführung der Registrierkassenpflicht mit 1.1.2016 ist fix, ergänzt durch die „Registrier­kassensicherheitsverordnung” (RKS-V), die ab 1.1.2017 die Kassen manipulationssicher machen soll. Lang umkämpft, soll diese Maßnahme laut BMF-Berechnungen 900 Mio. jährlich an Steuermehreinnahmen bringen. Über diese Zahl – wirklich nachvollziehbar ist sie sicherlich nicht – kann viel diskutiert werden, genau wie über den Zickzackkurs der letzten Monate.

Zuerst hätte etwa auch jeder Kaugummiautomat einen Beleg ausgeben müssen, dann nur elektronische Automaten (damit auch Kaffeeautomaten), endgültig sind es nur solche mit Einzelumsätzen über 20 € (z. B. Tankautomaten). Umsätze von Webshops waren ursprünglich genauso betroffen, dann wären Betriebe, die nur Online-Umsätze haben (z.B. Amazon) ausgenommen gewesen, jetzt sind Online-Umsätze generell von der Registrierkassenpflicht ausgenommen.

Viele Erleichterungen

Schon aus diesen Beispielen ist ersichtlich, dass die Regelungen erleichtert und angepasst wurden. Genauso ist es bei der technischen Sicherheitseinrichtung, die zum Zweck der Manipulationsverhinderung ab 1.1.2017 nötig ist: War ursprünglich das deutsche System INSIKA (das allerdings auch dort nicht zum Einsatz kam) favorisiert, wurde nun ein auf qualifizierten Signaturen beruhendes, offenes System vorgeschrieben, das mit vernünftigem Aufwand realisiert werden kann.

Natürlich kann auch hier noch über viele Einzelheiten diskutiert werden, aber es wurde genug gejammert, die Registrierkassenpflicht ist fix, die verbleibende Zeit ist knapp genug und sollte auch genutzt werden.
Noch sind viele Detailfragen zu klären; etwa hat der UBIT-Arbeitskreis Kassensoftware ca. 100 Fragen dem Finanzministerium vorgelegt. Die betreffen allerdings fast nur technische Details und sind für die Anwender wenig relevant.
Anders aber folgende Thematik: Für jeden verkauften Artikel wird der Andruck der handelsüblichen Bezeichnung auf dem Bon verlangt. Hardliner verstehen darunter, dass nicht 1 kg Äpfel, sondern etwa 1 kg Golden Delicious angeführt werden müssen. Für einen Supermarkt mit Lagerhaltung natürlich kein Problem, kleinere Geschäfte mit großem wechselndem Sortiment, wie etwa Marktstände, werden hier aber viel Aufwand mit der Wartung von Daten haben, und auch die ganz billigen Kassen, die meist nur einige Hundert Artikel verwalten können, nicht verwenden können.
Andiskutierte Lösungen, die Bezeichnung in entsprechende freie Felder einzugeben, werden in der Praxis kaum möglich sein, weil dafür beim Kassieren, insbesondere bei Touch-Systemen, ganz einfach die Zeit fehlt. Da wird es noch Verbesserungen brauchen.

Habe ich Handlungsbedarf?

Wichtig ist, dass jetzt jeder Unternehmer überlegt, ob er Handlungsbedarf hat. Und da ist Vorsicht angebracht, derzeit wird fast nur von Handel und Gastronomie gesprochen. Aber jeder Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von mehr als 15.000 € (also fast jeder) und Barumsätzen von mindestens 7.500 € (auch Bankomat, Kreditkarte und Gutscheine sind Barumsätze) benötigt eine Kasse und muss ab Anfang 2016 jede Barbezahlung mit entsprechendem Beleg quittieren.

Ab Anfang 2017 muss die Kasse auch „manipulationssicher” sein, wobei dies nicht durch Speicherungen in der Cloud oder sonstige Maßnahmen gewährleistet werden kann, sondern einzig, indem die durch die RKS-V vorgeschriebene Implementierung einer Umsatzverkettung in Zusammenhang mit qualifizierten Zertifikaten umgesetzt wird – eine Lösung, die sämtliche Kassenhersteller erst implementieren müssen.
Dadurch werden alle, die jetzt eine Kasse kaufen, wohl ohne Upgrade diese eben erworbene Kasse ab 2017 nicht mehr verwenden dürfen. Wichtig ist es daher, Produkte eines Herstellers zu kaufen, dem ich auch vertraue und bei dem es die Garantie gibt, dass das Upgrade im Laufe des nächsten Jahres geliefert wird. Auch ein Wartungsvertrag ist wohl Pflicht.

Bestehende Systeme anpassen

Diese Verordnung führt aber auch dazu, dass niemand seine derzeit im Einsatz befindliche Kasse in dieser Form über 2017 hinaus weiter verwenden kann; es wird entweder ein Update oder aber eine Neuanschaffung nötig sein. Übrigens gilt das auch im Falle eines geschlossenen Systems. Für diese sind ab 30 Kassen Erleichterungen vorgesehen. Es ist eine, wenn auch wenig aufwendigere, Programmänderung nötig.

Es ist dabei zu erwarten, dass wohl die meisten Kassenhersteller – zumindest die mit großen Marktanteil in Österreich – für die meisten ihrer Produkte in irgendeiner Form ein Update anbieten werden. Aber es ist Vorsicht geboten, denn auch für Rechnungen mit einem Fakturenprogramm, die derzeit häufig bei Barzahlung einfach mit einem Stempel „Bar bezahlt” versehen werden, ist nun eine Kasse nötig. Ob deren Hersteller aber alle die nötigen Anpassungen machen, ist fraglich. Daher sollte unbedingt rasch Kontakt mit dem Hersteller gesucht werden, um offene Fragen zu klären.

Wie weiß ich, ob die Kasse passt?

Auch hier ist Vertrauen notwendig. Denn wirklich wissen, ob alles passt, wird man wohl erst im Juli. Dann wird über FinanzOnline die Infrastruktur zur Inbetriebnahme der Kassen zur Verfügung stehen. Jeder kann dann seine Kasse anmelden, die Seriennummer des Zertifikats hinterlegen und mit der Kasse den ersten Beleg ausdrucken; der sich darauf befindende QR-Code kann eingescannt und geprüft werden. Liefert FinanzOnline hier ein „OK”, kann der Kassenanwender auf die Ordnungsmäßigkeit seiner Kasse vertrauen. Bis zu dieser Gewissheit ist also noch etwas Zeit, aber Zeit, die genutzt werden sollte, denn ansonsten wird es wohl sehr eng. Daher: Genug gejammert, lassen wir die Kasse klingeln!

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