Konkurrenz für BBC, CNN und Al Jazeera
© DW/M. Müller
Peter Limbourg (DW News) und die dt. Bundestagsabgeordnete Monika Grütters drücken am GMF 2015 den Startknopf für den Sendebetrieb von DW News.
PRIMENEWS Johannes Zeller 30.06.2015

Konkurrenz für BBC, CNN und Al Jazeera

DW News Vergangene Woche wurde ein neuer englischsprachiger Rund-um-die-Uhr-Sender gestartet

Sendestart Die Deutsche Welle hat ihr 24-Stunden-Fernsehprogramm in ­englischer Sprache gestartet – auch als Gegenpol zu „Propagandasendern” wie Russia Today. Man müsse „den Megatonnen an Bullshit antworten, die da ­produziert werden” umschrieb es der Medienmanager Georg Kofler.

Bonn/Wien. Journalisten, NGO- und Regierungsvertreter sowie Medieninteressierte aus 100 verschiedenen Ländern, kamen vergangene Woche am 8. Global Media Forum (GMF) in Bonn zusammen, um die Zukunft der Außenpolitik im digitalen Zeitalter zu diskutieren. Gleich zu Beginn der dreitägigen Konferenz durften die mehr als 2.000 Teilnehmer einer Weltpremiere beiwohnen: Den ersten Sendeminuten von „DW News”, dem neuen englischsprachigen TV-Kanal, mit dem die Deutsche Welle sich nach 60 Sendejahren nun Seite an Seite mit internationalen Nachrichtensendern wie BBC, CNN und Al Jazeera reiht.

Als Generaldirektor Peter Limbourg mit den Worten „Wir wollen weltweit als Stimme der Freiheit und Demokratie gehört werden” den Sendebetrieb eröffnet, lässt sich schon vermuten, dass die neue TV-Station, die hauptsächlich vom deutschen Außenministerium finanziert wird, auch als Gegenpol zum russischen Nachrichtenkanal „Russia Today (RT)” dienen soll. Dieser würde in der Propagandaschlacht um die Krim zunehmend an Bedeutung gewinnen und, laut der Eröffnungsrede der Bundestagsabgeordneten Monika Grütters, gezielt russische Desinformation verbreiten.
Doch nicht nur der mediale Einfluss von RT scheint den politischen Akteuren, die am GMF in Erscheinung treten, ein Dorn im Auge zu sein. In ihrer Ansprache wettert Grütters auch gegen die Monopolstellung großer Internetkonzerne und warnt vor einem Google-Meinungsmonopol, das über den Erfolg und Misserfolg von europäischen Unternehmen entscheiden könnte. Daher sei es wichtig, dass Europa eine Kontrollfunktion einnimmt, die für fairen Wettbewerb sorgt und ein modernes Urheberrecht erarbeitet, das geistiges Eigentum im Internet schützt.

Antithese zu RT-Propaganda

Die Rolle der Medien in der Ukrainekrise nimmt auch in den Workshops und Diskussionsrunden der kommenden drei Tage eine zentrale Position ein. Schon am ersten Tag spricht der Medienmanager Georg Kofler die Ziele von DW News offen an: Eine der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Senders sei es, dem Publikum wertvolle Inhalte zu liefern, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner der Massenunterhaltung hinausreichen.
Genauso wichtig sei es aber, China, Russland und anderen Ländern, die ebenfalls internationale Kanäle zur Verbreitung ihrer Meinung betreiben, die Stirn zu bieten. „DW News hat das Ziel, den Megatonnen an Bullshit zu antworten, die da produziert werden”, sagt Kofler.
Die Dynamik der großen, staatlichen TV-Stationen bei der Berichterstattung zu globalen Auseinandersetzungen wird auf dem Medienkongress im ehemaligen deutschen Bundestag in etwa so skizziert: Verbreitung objektiver Informationen und Wahrheiten auf der einen Seite, das Streuen von Lügen und Propaganda auf der anderen.
Diese Logik scheint natürlich in beide Richtungen zu funktionieren, aber zumindest im offiziellen Rahmen der Veranstaltung sieht man weitgehend davon ab, die Objektivität der Mittel- und Westeuropäischen Medien zu hinterfragen. Ein Ausspruch der ukrainischen Medienexpertin Natalie Zubar – „Alle lügen, aber die russischen Medien lügen mehr” – ist das Maximum an europäischer Selbstkritik, das der Kongress heuer zu bieten hat.

„Allen Gehör schenken”

Die „russische Propagandamaschinerie” wird hingegen in nahezu jedem Programmpunkt angeprangert, Gegenmeinungen ausgeschlossen. Die einzigen Teilnehmer mit russischen Wurzeln, die an den offiziellen Diskussionsrunden teilnehmen, vertreten deklariert kremlkritische Ansichten. In einem Workshop meldet sich dann dennoch eine RT-Journalistin aus dem Publikum zu Wort: „Warum wurden wir nicht eingeladen, mitzudiskutieren? Das Panel hat jetzt eineinhalb Stunden über RT gesprochen, es wäre schön gewesen, sich rechtfertigen zu können.”
Immerhin gelingt es manchen der offiziellen Redner dann doch, aufzuzeigen, dass jede Story mindestens zwei Seiten hat. „Objektivität ist ein Mythos. Sobald man eine Geschichte erzäht, drückt man ihr den eigenen Stempel auf”, gibt der katholische Medienstratege Alvito de Souza zu bedenken. „Krisenjournalismus soll keine Lösungen anbieten, sondern sicherstellen, dass in einem Konflikt alle Seiten Gehör finden”, fügt taz-Journalist Andreas Zumach hinzu.

Neuer globaler Blickwinkel

Ob die staatlichen TV-Stationen – egal ob aus China, Russland oder Deutschland – dieser Aufgabe immer gewissenhaft nachkommen, lässt sich nach dem Besuch des 8. GMF noch stärker bezweifeln als zuvor. Der neue Sendebetrieb von DW News, der die internationale TV-Berichterstattung zu Themen von globaler Relevanz um mindes-tens einen Blickwinkel erweitert, ist dennoch als positiv zu betrachten. Denn der Zuseher profitiert auf jeden Fall von der größeren Auswahl an Informationsaufbereitungen, die ihm zur Verfügung stehen, um sich seine eigene Meinung zu bilden.

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