Nach der Krise ist vor der Krise
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Ausblick Es gilt, die Fundamentaldaten ins Kalkül zu ziehen. Lag bis vor Kurzem der Fokus regelmäßig auf der Wertsteigerungsrendite, tritt zukünftig die Cashflow-Rendite vermehrt in den Fokus.
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 22.05.2020

Nach der Krise ist vor der Krise

Der Immobiliensektor wird nach Covid-19 wieder wachsen, die Branche muss aber auf die Liquidität achten.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Weniger hart als andere Branchen wurde bis dato der Immobiliensektor vom Corona-virus infiziert. In Sicherheit wiegen darf sich die Branche freilich nicht: Liquiditätseinbußen, Mietausfälle, eine häufig abwartende Haltung bei Transaktionen und die extrem hohe Risikoexposition mancher nutzender Branchen wie Hotels oder Retail stellen erhebliche Unsicherheitsfaktoren dar.

Dies ergab eine aktuelle Analyse des Beratungsunternehmens Advicum Consulting. „Nach einem kurz- bis mittelfristigen Einbruch wird sich der Immobiliensektor nach der Krise wieder erholen und stetig wachsen”, gibt sich Advicum-Gesellschafter Matthias Ortner optimistisch. Auch wenn der operative Betrieb von Immobilien im Moment etwas weniger betroffen sei, gelte es, die Entwicklung der internationalen Märkte genau zu beobachten.
Letztendlich hängt es von einem entscheidenden Faktor ab: „Je länger sich die Krise in den führenden Weltmärkten nachhaltig auswirkt, desto stärker wird dies auch die Immobilienbranche spüren, allen voran Investoren, Entwickler und Kapitalgeber”, so Ortner.

Portfolio-Mix optimieren

Business as usual dürfe es in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht mehr geben, und unterschätzen sollte man die Auswirkungen der Krise keinesfalls.

„Anders als 2008, ist die Coronakrise eine Krise der Realwirtschaft”, sagt Ortner. „Nachfrage und Volumina in den einzelnen Assetklassen können sich daher massiv verschieben, nicht zuletzt durch die erzwungene Digitalisierung, wie z.B. mit verstärktem Homeoffice und neuen Vertriebskanälen. Deshalb ist eine Betrachtung der Fundamentaldaten des Portfolios künftig von essenzieller Bedeutung für Immobilien-Investoren.”
Ziel müsse es sein, den Portfolio-Mix fundamental zu optimieren, eine bestmögliche Bestandshaltung für längerfristige Haltedauern zu schaffen und einen Liquiditätspuffer für gute Gelegenheiten am Markt bereitzuhalten.
Aktuell kämpfen viele Player am Immobilienmarkt mit Problemen: Lieferketten bei Baufirmen sind unterbrochen, bei Behörden entstehen ‚Bottlenecks', und die Mietausfälle und Mietreduktionsansuchen sind in den letzten Wochen massiv gestiegen. Um die Liquiditätseinbußen gering zu halten, sollte gerade in dieser Zeit die Kommunikation mit den Mietern gut funktionieren und ein enger Kontakt sichergestellt sein. Ortner: „Konsequentes Tracking des Zahlungsverhaltens hilft, böse Überraschungen zu vermeiden.” Zu den von der Coronakrise am härtesten getroffenen Assets zählen neben Einzelhandel und Hotels die Gastronomie und der Bereich der Luxusresidenzen.
Deutlich weniger hart schlug die Krise bei Industrieimmobilien, Self-Storage-Einrichtungen und Data Centers ein.

Optimismus für die Branche

Alles in allem sollte der Immobiliensektor der Krise ganz gut trotzen können. „Interessant zu beobachten werden aber die Veränderungen in den einzelnen Assetklassen sein, die durch gesellschaftspolitische Richtungswechsel oder neue ökonomische Schwerpunkte ausgelöst werden”, fasst Ortner zusammen.

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