Prämierter Pavillon
© Andreas Keller
Die Nutzungsänderung des Pavillons sei laut querkraft-Architekt Gerd Erhartt durch das flexible Betonskelett überaus einfach – damit kann der Lebenszyklus des Gebäudes immens verlängert werden.
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 05.11.2021

Prämierter Pavillon

Die einzigartige Architektur und Betonbauweise des ­Österreich-Pavillons in Dubai erfuhr weltweite Anerkennung.

WIEN. Die 38 Betonkegeltürme des Österreich-Pavillons auf der Expo in Dubai konnten beim renommierten Architektur- & Designpreis 2021 die Kategorie „Nachhaltige Architektur” für sich entscheiden. „Das ist ein weiterer Erfolg für Beton als Baustoff, der, klug eingesetzt, nicht nur ästhetisch überzeugt, sondern sich bei diesem Projekt als besonders nachhaltig präsentiert”, beschreibt Thomas Mühl, Vorstand von Beton Dialog Österreich, die Baustoffauswahl.

Der von querkraft architekten auf einer Fläche von 2.400 m² konzipierte Österreich-Pavillon kommt weitgehend ohne technische Kälteerzeugung aus und benötigt bis zu 70% weniger Energie als konventionell klimatisierte Gebäude in Dubai. Damit ist der Pavillon eine Manifestation des Expo-Mottos „Connecting Minds, Creating the Future” und greift Ideen und Visionen zu gesellschaftlich relevanten Themen unserer Zeit auf, wie die Erderwärmung durch den Klimawandel.

Modulare Bauweise

Das geometrische Grundmotiv des Pavillons ist der Kegel mit einem Durchmesser von sieben Metern an der Basis und einem Meter an der Spitze. Insgesamt 38 Kegel unterschiedlicher Höhe, nämlich 6, 9, 12 und 15 m, wurden auf einem Raster arrangiert und miteinander verschnitten. Wird ein Kegel mit einem anderen verschnitten, entsteht eine ebene Kurve, ein Teil einer Hyperbel. Daraus ergibt sich auch die Form der Ein- und Durchgänge.

Verschneidet man vier Kegel, ergibt das in der Mitte einen Stützpunkt. Verschneidet man alle Kegel miteinander, entsteht eine Säulenhalle, ähnlich einer arabischen Mezquita. Letztlich benötigte man nur acht verschieden große Beton-Fertigteilschalen, um die einzelnen Kegeltürme wie bei einem Lego-Bausatz zusammenzusetzen.
Auch bei der Klimatisierung des Pavillons erweist sich Beton als idealer Baustoff: Tagsüber bleiben die Abdeckungen der in den Höhen unterschiedlichen Kegeltürme geschlossen, nachts werden sie geöffnet, um den thermischen Auftrieb für eine forcierte Luftströmung zur Kühlung der innenliegenden Speichermassen zu nutzen. Dieser Kühleffekt macht den weitgehenden Verzicht auf konventionelle Klimatechnik möglich.
Für die Verknüpfung von Low-mit High-Tech durch intelligente Kombination von Konstruktion, Geometrie und Materialien zeichnet das Wiener Ingenieurbüro P. Jung verantwortlich.

Lebenszyklus verlängern

Wie Architekt Gerd Erhartt von querkraft betont, entstehen 50% der CO2-Emissionen bei der Errichtung eines Gebäudes und 50% beim Betrieb – auf die Dauer von 60 Jahren berechnet. Ziel der Architekten war es daher, den Pavillon nicht nur für die Dauer von sechs Monaten auszulegen, sondern eine Nachnutzung zu finden. Im Sinne der Nachhaltigkeit erweist sich der Einsatz von Beton als Glücksfall. Denn die Beton-Fertigteile der 38 Kegel können einfach rückgebaut und an einem anderen Ort wiederaufgebaut werden. Eine Universität im Oman hat bereits Interesse bekundet, Teile des Österreich-Pavillons auf ihrem Campus aufzustellen – vorausgesetzt, dass sich der Veranstalter von dem Pavillon trennt, was als nicht sicher gilt.

Emotionale Strahlkraft

Für die Verlängerung des Lebenszyklus von Gebäuden sei es essenziell, dass diese über emotionale Strahlkraft verfügen, also über eine baukulturelle Wertigkeit. „Dass die Lebensdauer von Gebäuden kurz ist, liegt”, so Erhartt, „meist daran, dass sich deren Nutzung ändert. Und ein flexibles Skelett aus Beton bietet die Möglichkeit der Nutzungsänderung.”

Beton als Baumaterial ist dabei unverzichtbar und beweist durch seine Eigenschaften, Recycelbarkeit und Flexibilität, dass er als Teil der Lösung zukünftiger Herausforderungen unverzichtbar ist. (hk)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL