••• Von Paul Hafner
Unsere Intention war es, ein Konzept zu entwickeln, mit dem wir auf die sich verändernden Einkaufs-, Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der Menschen und die dadurch neu entstehenden Bedürfnisse eingehen”, blickt Andreas Haider, Eigentümer und Geschäftsführer der UniGruppe, etwas über ein Jahr nach der Eröffnung der ersten UniBox in Enns zurück. Die bisherige Bilanz falle „durchaus positiv” aus: Aktuell zählt man zwölf Standorte – zehn in Oberösterreich, zwei in Salzburg – und über 20.000 registrierte Kunden. Bis Ende des Jahres soll sich die Zahl noch verdoppeln.
Juristische Hindernisse
Prinzipiell wäre man gerne schon weiter gewesen, nämlich bei rund 20 Standorten. Doch weil man aufgrund der je nach Bundesland unterschiedlichen Öffnungszeitengesetze spezielle Standortgenehmigungen brauche, kam und komme es hier beim Rollout je nach Standort zu Verzögerungen von bis zu einem halben Jahr.
Ebendiese Gesetzeslagen waren (neben der Standortdichte) auch ein Mitgrund, warum die Rewe ihre im April 2021 – und damit fast zeitgleich mit UniBox – testweise lancierte „Billa Regional Box” nach nicht einmal einem Jahr wieder einstellte. Auch Haider ärgert sich über die „veralteten gesetzlichen Strukturen”, die den Kunden ein „Einkaufen rund um die Uhr, so wie es auch bei jedem Automaten möglich ist”, verunmöglichen – die Fortführung des Konzepts steht aber außer Zweifel, außerdem befinde man sich „laufend in Gesprächen” und hoffe auf eine „rasche Neubewertung des Themas”.
Eintritt via Bankomatkarte
Sonstige Herausforderungen habe man – gemeinsam mit dem Kunden – gemeistert, so Haider: Die ersten Monate seien „ein Lernprozess für die Kundinnen und Kunden, aber natürlich auch für uns” gewesen, „denn neue Innovationen ziehen natürlich laufende Reflexion und Weiterentwicklung mit sich.” Einen großen Schritt in Richtung Kundenfreundlichkeit hat man etwa am Standort in Dorf in der Pram mit der Ergänzung der Zutritts- und Bezahlmethoden um die Bankomatkarte vollzogen; bis jetzt war der Kunde auf App oder Payback-Karte angewiesen.
Convenience ist gefragt
Learnings hat es auch punkto Produktangebot gegeben: „Das erste Jahr hat gezeigt, dass es in der UniBox stark um Convenience geht, daher werden wir auch unser Sortiment danach ausrichten und weniger attraktive Sortimente kürzen”, erklärt Haider.
An vorderster Stelle stehe aber weiterhin die Sicherung der Nahversorgung – was auch Thomas Ahörndl, Bürgermeister von Dorf an der Pram, goutiert: „Es ist sehr wichtig, die lokale und regionale Versorgung langfristig zu sichern, da dies zur Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung beiträgt. Die Menschen legen großen Wert darauf, dass die Entfernung zum nächsten Nahversorger kurz ist, sodass man die Distanz auch zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen kann, ohne immer auf ein Auto angewiesen zu sein.” Entsprechend sei die im Vorjahr vor Ort eröffnete UniBox „eine super Bereicherung für unsere Gemeinde” gewesen.
„Das ‚Wheel of Retailing' dreht sich weiter, und neue Handelsformate wie unbemannte Lebensmittelgeschäfte etablieren sich auch an betriebswirtschaftlich schwierigen Standorten”, analysiert Christoph Teller, Vorstand des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) an der JKU Linz, anhand der ersten Ergebnisse eines Langzeitforschungsprojekts in Kooperation mit der UniGruppe.
Nur der Anfang?
Bemerkenswert sei, dass „auch unbemannte Formate die soziale Funktion des Handels vollziehen – anders ausgedrückt: Handelstechnologie schafft physische Interaktion von Menschen im Umfeld”. Sollte sich die Kundenakzeptanz „auf ein noch höheres Niveau entwickeln und sich das Format weiterentwickeln – Stichwort unbemannte Nahversorgungszentren –, sind wir heute vielleicht sogar Zeugen des Beginns vom Ende der ‚weißen Flecken' in der Nahversorgung Österreichs”, wagt Teller einen radikal anmutenden Ausblick auf künftige Entwicklungen.