„Die Gen Z will sich nicht passiv berieseln lassen”
© &Us/Joachim Haslinger
Helmut Kosa von &Us gibt Auskunft über Online-Kundenbindung.
RETAIL Redaktion 15.09.2023

„Die Gen Z will sich nicht passiv berieseln lassen”

Kundenbindung muss heute on- und offline passieren, nicht entweder/oder. Helmut Kosa von &Us legt dar, wie sich Marken positionieren können.

••• Von Georg Sohler

WIEN. Helmut Kosa ist Managing Partner von &Us, die nationale und internationale Unternehmen und Organisationen bei der Markenpositionierung, Strategieentwicklung und Implementierung von Wachstumslösungen berät. Der Markenexperte spricht im Interview über Kundenbindung im Online-Bereich

medianet:
Was ist der grundsätzliche Unterschied zwischen on- und offline Community-Building bzw. Loyalty?
Helmut Kosa: Online sind Marken-Gemeinschaften leichter zu skalieren sowie einfacher und kostengünstiger zu verwalten, erfordern aber auch eine ständige Moderation, um das Engagement der Mitglieder aufrechtzuerhalten. Offline-Communities sind oft teuer und schwieriger zu organisieren, können aber auch bei gemeinsamen Erlebnissen einen höheren Mehrwert und eine höhere Zufriedenheit für die Mitglieder bieten.

medianet:
Social Media ist oftmals sehr ‚laut' – was wollen Kunden, damit sie sich nicht von einer Brand überfordert fühlen?
Kosa: Sie wollen nicht zugespammt werden, sondern sich aktiv und persönlich mit Menschen austauschen, die ihnen wirklich zuhören. In einem gesättigten Markt voller neuer Direct-to-Consumer-Marken, wollen Kunden das Gefühl haben, etwas Besonderes zu bekommen, etwas, das sie sonst nicht kriegen. Ein Beispiel: In der Vorwerk-Rezeptwelt lernen acht Millionen Besucher monatlich neue gesunde und leckere Rezepte zu kochen. Diese Community ist der Hauptgrund, warum Vorwerk seinen Thermomix jährlich rund 1,5 Millionen Mal verkauft und warum die Küchenmaschine für 1.399 Euro zu einer echten ‚Love Brand' wurde. Trotz Inflation und Kaufzurückhaltung ist die Nachfrage nach dem Küchengerät so hoch wie nie.

medianet:
Und was ist bei der ‚Gen Z' entscheidend?
Kosa: Sie sind müde davon, beworben zu werden. Lieber tauschen sie sich mit anderen aus, die ihre Interessen teilen. An einem privaten Ort, wo sie gehört werden. Die Gen Z, also die heutigen 14- bis 26-Jährigen, wollen sich nicht mehr passiv von den sendungsbasierten Medien berieseln lassen. Sie wünschen sich ein intimes und gemeinschaftliches Erlebnis, wie es kleinere Chat-Plattformen wie Discord oder die App Geneva bieten. Diese Plattformen verzichten auf öffentliche Metriken wie Likes und Follower und fördern so eine authentischere Kommunikation.

medianet:
Social Media eignet sich für Verkauf, Brand Building und Loyalty von Direct-to-Consumer-Marken. Wie ist man damit erfolgreich?
Kosa: Kluge Marken wissen, dass die Marke der Community dient und nicht umgekehrt. Die Mitglieder treten Brand Communities bei, um mehr von dem zu tun, was sie lieben. Die Mitglieder müssen den Mehrwert der Gemeinschaft verstehen, und Marken müssen eine gute Antwort haben auf die Frage: Was bekomme ich da? Es bieten sich enorme Chancen für smarte Marken, diesen Bedarf mit einer Community abzuholen.

medianet:
Welche Best-Prac­tice-Beispiele aus verschiedenen Branchen kennen Sie, die da gut performen?
Kosa: Für 200 Dollar können Mitglieder weltweit in den Rapha Cycling Clubs (RCC) des britischen Premium-Rad-Labels einchecken und mit Gleichgesinnten neue lokale Radtouren entdecken. Wie bei Harley-Davidson ist der gute Gratis-Kaffee ein Grund, den Club häufiger zu besuchen und exklusives Material auszutesten. Mit der Jahresgebühr hat Rapha einen klaren Datenpunkt zur Bewertung der größten Investition ihres DTC-Geschäftsmodells. Sie ist der Schlüssel zum Unternehmenserfolg: So konnten sie ihre Community von 600 Radfans 2014 auf über 10.000 Mitglieder heute vergrößern. Jeder neue Cycling Club steigert die Online-Verkäufe und hilft, neue Kunden in ­neuen Märkten zu gewinnen.

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