Nächste Woche ist es wieder einmal so weit: Am 14. März startet in Hannover die Elektronik-Vorzeigemesse CeBit. Es ist die weltweit größte Veranstaltung in Elektronikbelangen und wird seit 1986 einmal jährlich abgehalten. Der Name ist ein Akronym für „Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation”, wobei der ursprüngliche Untertitel „Centrum der Büro- und Informationstechnik” lautete.
Für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die CeBit auf jeden Fall eine Gelegenheit, in den Medien nicht ständig zum Thema Flüchtlingspolitik zitiert zu werden. Sie erwartet von der CeBit in Hannover in diesem Jahr „jede Menge Input für erfolgsorientierte Entscheider und Gestalter”. In ihrem Grußwort unterstreicht die Kanzlerin die Bedeutung der Veranstaltung: „Bit für Bit verändern sich Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft. Die digitale Revolution lässt sich an kaum einem Ort besser erleben als auf dem bedeutendsten Marktplatz der digitalen Welt: auf der CeBit.”
Erfolg setze, so Merkel weiter, mehr denn je voraus, „sich die neuen digitalen Möglichkeiten zu eigen zu machen. Das Leitthema der CeBit 2016 trifft dabei den Kern: d!conomy: join – create – succeed.” Falls die Kanzlerin nicht mit dem Aufstellen von Grenzzäunen beschäftigt ist, wird sie sich am CeBit-Dienstag (15. März) persönlich bei ihrem Rundgang über das Messegelände einen Eindruck vom Status der Digitalisierung und den damit verbundenen großen Chancen machen. Bei ihrem Rundgang wird sie vom Schweizer Bundespräsidenten Johann Schneider-Ammann begleitet. Die Schweiz ist Partnerland der CeBit 2016. Frau Merkel: „Unser Nachbarland versteht sich darauf, mit Präzisionstechnologien zu beeindrucken, und das gilt auch mit Blick auf digitale Lösungen.”
Partnerland Schweiz
Der Schweiz kommt als heuriges Partnerland der CeBit eine wichtige Rolle zu. „Wir haben zusammen mit den Partnern von ICT Switzerland lange auf die CeBit hingearbeitet; nun steht der Startschuss unmittelbar bevor”, kommentiert Marius Felzmann, Geschäftsbereichsleiter CeBit bei der Deutschen Messe AG. „Mit ihrem herausragenden Know-how und hochinnovativen Lösungen wird das Partnerland Schweiz der internationalen CeBit-Branche und ihren Anwenderindustrien starke Impulse verleihen.” Felzmann ist davon überzeugt, dass „sowohl Deutschland als auch die anderen europäischen Staaten in vielen Bereichen von der Innovationskultur und dem unternehmerischen Mut in der Schweiz lernen können. Auch der Austausch zwischen Politik und Unternehmen wird sicher sehr fruchtbar sein.”
Insgesamt werden mehr als 70 etablierte Unternehmen und Start-ups, Universitäten und Fachhochschulen aus der Schweiz auf mehr als 1 700 m2 zur CeBit erwartet. Erste Anlaufstelle ist der Zentralstand in Halle 6. Darüber hinaus sind zahlreiche Schweizer Anbieter in den jeweiligen CeBit-Schwerpunkten vertreten.
Internet der Dinge
Die auf der CeBit vertretenen Unternehmen werden allein aus dem Umfeld des Internets der Dinge mehr als 400 Anwendungsbeispiele präsentieren. Etwa 20 Showcases werden in dem Programm „discover d!conomy” zusammengefasst. Hier ist unter anderem das Airbus Cyber Defence Center zu sehen. Europas führender Verteidigungs- und Raumfahrtkonzern zeigt in realen Szenarien die typischen Vorgehensweisen von Hackern. Außerdem verraten Experten, wie sie Cyber-Angriffe erkennen, analysieren und abwehren.
Ein weiteres Beispiel präsentiert Intel gemeinsam mit dem Unternehmen MyOmega: Bei TracoVino, das Internet der Dinge für Winzer, wird das kreative Potenzial von IoT-Anwendungen deutlich. Dort sorgen vernetzte Sensoren für einen detaillierten Einblick in die Boden- und Klimaverhältnisse im Weinberg.
Ein drittes Beispiel kommt von IBM; das Unternehmen geht davon aus, dass programmierbare Rechner bald durch kognitive Systeme abgelöst werden. Das heißt durch Computer, die in der Lage sind, auch in unstrukturierten Daten Zusammenhänge und Muster zu erkennen – sie also zu „verstehen”. IBM Watson ist das prominenteste Beispiel dieser neuen Art von System – ein mächtiges Werkzeug, das Menschen völlig neue Möglichkeiten eröffnet.
Hochkarätige Referenten
„Die Digitalisierung ist kein kurzfristiger Trend, der schnell wieder verschwinden wird”, sagt Felzmann. „Big Data, Cloud, Mobile, Social Business und das Internet der Dinge wirken schon jetzt massiv auf die Wertschöpfungsketten aller Wirtschaftszweige ein und bieten Unternehmen aller Branchen und Märkte große Chancen.” Aus der Ecke der Eidgenossen kommen außerdem noch ein paar zusätzliche Highlights des heurigen CeBit-Programms. So hat sich beispielsweise die Informatik-Legende Niklaus Wirth angekündigt; er hat die Programmiersprache Pascal entwickelt und erhielt als erster und bisher einziger deutschsprachiger Informatiker den Turing-Award. Darüber hinaus sprechen Marc Bütikofer, CTO und Director Innovation von Airlock aus Zürich, Johann Gevers, Gründer und CEO von Monetas aus Zug, und Christoph Wartmann, Gründer und CEO der Nexiot AG in Zürich.
Sicherlich spannend dürfte auch der Vortrag von Phil Zimmermann sein, der Entwickler der weltweit am häufigsten eingesetzten Verschlüsselungs-Software Pretty Good Privacy (PGP). Der Firmensitz seines im Jahr 2012 gegründeten Unternehmens Silent Circle liegt übrigens in Genf.
Die Cloud steht im Zentrum
Als weltweit wichtigste Cloud-Messe ist die CeBit vor allem für mittelständische Unternehmer eine wichtige Informationsplattform. Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Cloud in all seinen Facetten über das gesamte CeBit-Gelände – von der „Business Security” in Halle 6 über die CeBit Global Conferences in Halle 8, den Schwerpunkt „DatacenterDynamics @ CeBit” in Halle 12 und den neuen Bereich „Internet of Things” in Halle 13 bis hin zur Premiere der Salesforce World Tour in den Hallen 19/20 und 23. Im Rahmen der Expo in Halle 23 zeigen an allen fünf Messetagen verschiedene Salesforce-Partner, wie Unternehmen die digitale Transformation vorantreiben und sich optimal auf die Wünsche der Kunden fokussieren können. Als Wegbereiter der Digitalisierung präsentiert sich in Hannover auch die SAP; im Mittelpunkt des Messeauftritts in Halle 4 steht die vollständig integrierte SAP-HANA-Plattform zur agilen und ganzheitlichen Umsetzung aller Transformationsprozesse.
Unternehmen wie die Deutsche Telekom oder Microsoft rücken mit ihren neuen Cloud-Konzepten die Aspekte „Sicherheit” und „Transparenz” in den Vordergrund. Die Telekom präsentiert in Halle 4 ihre neue, gemeinsam mit Huawei entwickelte Public Cloud, die in einem Rechenzentrum bei Magdeburg gehostet wird. Dort können Firmen aller Größen Infrastruktur-Services wie Rechenleistung, Speicher oder Netzkapazitäten als „Pay as you go-Modell” bestellen. Die Deutsche Telekom, vertreten durch T-Mobile und T-Systems, will mit ihren Cloud-Lösungen einen neuen Ansatz einbringen, der es Unternehmen ermöglichen soll, kostengünstige Anwendungen in ihre Geschäftsprozesse zu integrieren – die zusätzlich auch nach Bedarf skalierbar sind.
Auch Microsoft, ebenfalls in Halle 4, vertreibt seine Dienste Azure, Office 365 und Dynamics CRM Online künftig mit einer Anbindung an deutsche Rechenzentren. Das Angebot richtet sich besonders an Unternehmen und Organisationen aus datensensiblen Branchen wie der Finanzwirtschaft, dem Gesundheitswesen oder dem öffentlichen Sektor. Zudem stellt der ABB-Konzern mit Hauptsitz in der Schweiz seine gemeinsam mit Microsoft entwickelte Service-Plattform für die Schnellaufladung von Elektrofahrzeugen vor; die Ladestationen sind über Microsoft Azure vernetzt.
Große Erwartungen
Im Umfeld der CeBit herrscht bei den Unternehmen der Digitalwirtschaft überwiegend Optimismus. Drei Viertel der Unternehmen (74%) erwarten für das erste Halbjahr steigende Umsätze, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Nur acht Prozent rechnen mit rückläufigen Geschäften. „Die Digitalbranche ist eine Wachstumsbranche; das betrifft gleichermaßen Umsätze wie Arbeitsplätze”, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Die Zuversicht der meisten Unternehmen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir innerhalb der Bitkom-Branche eine große Spreizung sehen.” So oder so: Die CeBit wird nächste Woche auf jeden Fall zum Spiegel der Branche.