Die Österreicher wollen im Homeoffice bleiben
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CAREER NETWORK Redaktion 26.04.2024

Die Österreicher wollen im Homeoffice bleiben

Kein Bock auf Büro: Neben langen Arbeitswegen ist schlechtes Betriebsklima der Hauptgrund.

••• Von Britta Biron

Das Homeoffice hat sich in der Pandemie zwar bewährt, zum neuen Normal in der österreichischen Arbeitswelt ist es aber nicht geworden, wie eine Reihe aktueller Studien zeigt.

Laut einer neuen Umfrage von Xing und dem Forsa-Institut hat derzeit nur rund ein Drittel der österreichischen Arbeitnehmer (35%) die Möglichkeit, von daheim aus zu arbeiten. Knapp ein Viertel gab an, dass die Möglichkeit dafür von ihrem Arbeitgeber in den letzten Monaten eingeschränkt wurde, und etwa ein Sechstel fürchtet eine weitere Reduktion. 13% der Studienteilnehmer können vom Homeoffice nur träumen, ihre Arbeitgeber bestehen generell auf Präsenz im Büro.
„Wir sehen anhand der Ergebnisse der Studie, dass der Wunsch nach Homeoffice stärker ausgeprägt ist als das De-facto-Angebot. Angesichts der angespannten Situation am Arbeitsmarkt und dem nach wie vor herrschenden Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel ist das falsche Signal”, kritisiert Sandra Bascha, Leitung Kommunikation und New Work-Expertin bei Xing, die Zurückhaltung der Arbeitgeber.
Denn Homeoffice-Angebote machen Unternehmen attraktiv – immerhin zählt diese Option mit mehr als 40% zu den Top-3-Kriterien bei der Wahl des Arbeitgebers. Die Wichtigkeit von Homeoffice ist für knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer (48%) in den letzten fünf Jahren sogar stark bzw. etwas gestiegen. Und immerhin rund ein Fünftel jener mit Präsenzpflicht im Büro würde bei einem Angebot mit Homeoffice-Möglichkeit den Arbeitgeber wechseln.
Komplett auf den klassischen Büroalltag verzichten will – so der Anfang dieses Jahres publizierte Arbeitsmarkt-Kompass von Leitbetriebe Austria – aber nur eine Minderheit (8,3%). Knapp 36% der Befragten wünschen sich eine Homeoffice-Quote von mehr als 40%. Die Gruppe jener, die sich mit weniger zufriedengeben würde, ist mit etwas über 38% etwa gleich groß. 17,5% – um drei Prozentpunkte weniger als im Vorquartal – gaben an, auf Homeoffice ganz verzichten zu können.
Bei weiblichen Arbeitnehmern ist der Wunsch nach Homeoffice tendenziell größer. Sie wollen im Schnitt 43,4% der Arbeit von ­daheim aus erledigen, Männer nur 35,2%. Auch das Alter spielt eine Rolle, wobei die als ideal angesehene Homeoffice-Quote mit durchschnittlich 46,2% bei den Babyboomern am höchsten ist.

Homeoffice vs. Büro

Die hohe Popularität des Homeoffices hängt nicht zuletzt mit dem Wegfall des Anfahrtswegs zur Arbeit zusammen. Laut Arbeitsmarkt-Kompass beträgt die maximale Distanz, die man zwischen Wohn- und Arbeitsort im Schnitt zurücklegen will, knapp 24 km, bei den Burgenländern sind es fast zehn Kilometer mehr.

Arbeitsweg & Betriebsklima …

Auch auf Arbeitgeberseite ist man der Meinung, dass die Länge des Arbeitswegs und der Wunsch nach Homeoffice direkt zusammenhängen. Gut ein Drittel (35%) der 1.500 Führungskräfte in Österreich und Deutschland, die für den neuen Hernstein Management-Report befragt wurden, sehen darin den Hauptgrund, dass ihre Mitarbeiter das Büro meiden. Dass das Homeoffice eine bessere Zeiteinteilung im Spannungsfeld zwischen Job und Familie ermöglicht (16%) und bequemer als das herkömmliche Büro ist (13%), spielt nach Meinung der Manager eine viel kleinere Rolle.

Für den zweiten Hauptgrund des weg vom Büro-Trends (30%) halten sie ein schlechtes Arbeitsklima. Hier zeigt sich ein deutlicher Länder-Unterschied: 36% der österreichischen Führungskräfte nennen diesen Aspekt, von ihren deutschen Kollegen nur 26%.
Auch das Alter der Führungskräfte spielt eine Rolle: 38% der österreichischen Führungskräfte unter 40 Jahren stimmen der Aussage zu, dass Mitarbeiter im Homeoffice sind, weil sie nicht gern ins Büro kommen. Unter ihren älteren Kolleginnen und Kollegen sind es 30%. In Deutschland ist diese Differenzierung noch stärker ausgeprägt (30% vs. 43%).
Ein Unterschied zeigt sich auch zwischen unterem und mittlerem Management (Zustimmung: 31% bzw. 32%) und oberem Management und Eigentümerebene (44 bzw. 40%). Geringer ist die Differenz zwischen männlichen (37%) und weiblichen Führungskräften (31%).
Anders als die Länge der Dienstwege können die Führungskräfte die Qualität des Arbeitsklimas aber selbst beeinflussen und die klassische Büroarbeit attraktiver machen.
„Über Führungsarbeit und Leadership kann man insbesondere bei schlechtem Arbeitsklima entgegenwirken”, weiß Michaela Kreitmayer, Leiterin des Hernstein Instituts.

… sind entscheidend

Befragt nach den Management-Eigenschaften, die das Arbeitsklima verbessern und die Belegschaft zum Dienst vor Ort animieren, nannten 54% der Studienteilnehmer an erster Stelle Empathie, knapp gefolgt von einer offenen Haltung sowie Verlässlichkeit und Erreichbarkeit (je 53%). Allerdings sehen nur 32% der Befragten bei ihren direkten Vorausgesetzten ausreichendes Einfühlungsvermögen. Große Defizite gibt es auch bei anderen Punkten. So hält knapp die Hälfte der Befragten (49%) „Rücksicht auf Stärken und Schwächen der Mitarbeiter zu nehmen” für sehr wichtig, aber nur 28% können das im Führungsstil ihrer Chefs erkennen.

Fazit: Wer seine Mitarbeiter wieder im Büro haben will, sollte an seinen sozialen Fähigkeiten arbeiten (gerne auch von daheim).

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