••• Von Britta Biron
Roboter als Fremdenführer, Skilehrer, Portier oder Kellner mögen noch Zukunftsvisionen sein, Chatbots, die Gästen maßgeschneiderte Vorschläge für ihren Urlaub in Österreich machen, oder smarte Lautsprecher, die Schritt für Schritt die Zubereitung typischer österreichischer Spezialitäten erklären, sind dagegen bereits Realität.
„Wie alle Branchen steht auch der Tourismus durch die Digitalisierung vor großen Herausforderungen. Die Situation in Österreich ist wegen der kleinen Strukturen sogar besonders anspruchsvoll. In einem heimischen Urlaubsort gibt es rund 43 Leistungsträger entlang der gesamten Wertschöpfungkette. Im Vergleich dazu ist die Komplexität eines Kreuzfahrtschiffs deutlich niedriger”, erläutert Petra Stolba, Chefin der Österreich Werbung (ÖW).
Gleichzeitig mache die Digitalisierung die Vernetzung der vielen Player einfacher und biete neue Möglichkeiten, sich im harten internationalen Wettbewerb als Qualitätsdestination auch künftig behaupten zu können.
„Unsere Rolle ist einerseits die eines Netzwerkknotens, eines Initiators von Kooperationen und eines Think-Tanks, in dem wir neue Ansätze entwickeln und testen. Wir arbeiten laufend an rund vier bis fünf Projekten”, sagt Stolba. Die bisherigen Erfolge zeigen, dass man auf einem guten Weg sei.
Echtzeitdaten über …
Seit 1. Jänner ist der ÖW Adserver in Vollbetrieb. Über ihn werden alle digitalen Markenkampagnen ausgespielt, der Erfolg in Echtzeit gemessen und die anonymisierten Daten zum gezielten Targeting künftiger Maßnahmen genutzt. Der Adserver wird künftig auf von den Landes-Tourismusorganisationen genutzt. Wichtig sei dieser Server, um die Hoheit über die eigenen Daten zu behalten und aus ihnen lernen zu können.
… Märkte und Gäste …
So ist man unter anderem der Frage nachgegangen, welche visuellen Inhalte in den Sozialen Netzwerken bei der Zielgruppe besonders gut ankommen, um die Bildsprache gezielt optimieren zu können. Dafür wurden von dem irischen Start-up Picassolab die Motive von mehr als 2.000 Bildern und Videos mittels Machine Learning analysiert und mit der jeweiligen Performance abgeglichen.
„Wir wissen jetzt zum Beispiel, dass reine Landschaftsmotive oder die Kombination von Stadt und Natur besser funktionieren als Bilder, auf denen Menschen im Mittelpunkt stehen”, erklärt Holger Sicking, Teamleiter Tourismusforschung in der ÖW.
Neue Möglichkeiten, schneller auf aktuelle Entwicklungen am Markt zu reagieren, bringt die Digitalisierung auch für das Destinationsmanagement. Durch eine Kooperation mit easybooking liegen jetzt Echtzeitdaten aus 3.000 Beherbergungsbetrieben vor, die zeigen, über welche Kanäle und aus welchen Quellmärkten (bis auf Postleitzahlenebene) Anfragen und Buchungen kommen und wie sich die Preise entwickeln.
In Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkanbieter A1 hat die ÖW auch Informationen über die Aufenthaltsorte ausländischer Gäste gewonnen. Dabei ging es nicht um Bewegungsprofile, sondern darum, eine taggenaue Übersicht über das Gästeaufkommen aus den verschiedenen Herkunftsländern zu erhalten.
„Solche anonymisierten Daten lassen sich in Zukunft für die Lenkung von Touristenströmen nutzen”, so Sicking.
… zu Produkten entwickeln
Ein wichtiger Meilenstein sei auch die Digitalisierung der T-MONA-Urlauberbefragung im Vorjahr gewesen; seither konnten bereits mehr als 30.000 Interviews generiert werden.
„Besonders gut kommt der Punkt mit offenen Fragen an. Wir haben bereits rund 20.000 Kommentare erhalten. Diese bieten – egal ob sie positiv oder negativ sind – für Urlaubsorte und Regionen konkrete Anregungen und Ideen, um ihr Angebot laufend zu optimieren”, ist sich Sicking sicher.
Ein Asset, um das Betriebe, die bei chinesischen Gästen punkten wollen, nicht herumkommen, ist Mobile Payment: „In China hat das Bezahlen über Plattformen wie Alipay oder WeChat dem klassischen Bargeld längst den Rang abgelaufen. Chinesische Gäste wollen auf diese Zahlungsmöglichkeit auch im Urlaub in Österreich nicht verzichten”, weiß Stolba. Um bei heimischen Tourismusbetrieben Awarness für dieses Thema zu schaffen, veranstaltet die ÖW gemeinsam mit der Außenwirtschaft Austria im Sommer eine Zukunftsreise nach Asien.
Neues zulassen
Grundsätzlich stehe, so Stolba, die heimische Tourismusbranche der Digitalisierung aufgeschlossen gegenüber; sie gibt aber zu bedenken, dass die technische Seite dabei nicht alles ist.
„Herkömmlichen Hierarchien und Strukturen funktionieren im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel nicht. Man muss ein Umfeld schaffen, das Ideen fördert, auch Experimente zulassen, neue Allianzen schließen und den unternehmens- und branchenübergreifenden Austausch suchen.”