„Ein Börsegang bringt auch Verpflichtungen”
FINANCENET 13.03.2015

„Ein Börsegang bringt auch Verpflichtungen”

Communico Bahnbrecher im Bereich Finanzen – Initialzündung durch den Verbund-Börsegang; viele IPOs folgten

Alexander Kriz, Communico, über den Finanzmarkt, Regulative und internationale Steueroasen.

Wien. Communico-Managing Director Alexander Kriz hat viel erlebt: Den Aufstieg des Wiener Finanzplatzes, Börsengänge, von denen er viele begleitet hat, den Frust von Unternehmern und die aktuelle Regulierungswut. Im Gespräch mit medianet-Gründer Chris Radda erzählt er von Problemen der Steueroasen, vertrackten Finanzprodukten und seinen persönlichen Eindrücken vom Finanzsektor.

„Begonnen hat alles 1988, als der Verbund mit der sogenannten Omama-Aktie an die Börse ging, was ich mit ein paar Kollegen vorbereitet hatte”, sagt Kriz. „Dann hat mich die Giro geholt, weil man wusste, dass die Börse Wien durchstarten würde. Claudia Röschl und Ferdinand Bartl haben sich mit mir die Börsengänge aufgeteilt.” National und international viel beachtete IPOs wie Radex Heraklith, Rath, Eybl International sowie friendly und unfriendly Takeovers folgten.

Compliance und Gefängnis

Der Abschwung des Wiener Marktes begann mit den Banken – und mit einer Rückkaufswelle: „Viele haben bemerkt, dass ein Börsegang nicht nur Geld, sondern auch Verpflichtungen in Bezug auf Transparenz brachte”, erzählt der Communico-Experte. „Dazu gehören zum Beispiel die Directors-Deals: Viele meinten, es ginge niemanden etwas an, was sie mit ihrem Geld machten – ein Irrtum, wenn's um die eigene Unternehmensaktie geht.” Compliance war unbekannt: „Dinge, über die man nicht einmal nachgedacht hat, würden jetzt Gefängnis bedeuten.”Kriz hat später auch während der versuchten Übernahme durch die OMV die ungarische Mol beraten: „Es war eine Herausforderung, als kleines Unternehmen gegen Riesen mit -zig Spezialisten anzutreten – wir sind zwar klein, doch vom Fachwissen sind wir sicher einer der Besten.”In puncto Steueroasen hängen sich viele ein Mäntelchen um: „Man möchte Jungfrau sein und arbeitet im Freudenhaus – das geht nicht!”, sagt Alexander Kriz. Denn alle großen Banken hatten selbst Töchter in Steueroasen. Dass man den USA hier den Nimbus des „Rächers” gibt, sei wegen der Steueroase Delaware ohnehin unverständlich. Und: „Die Europäer quälen sich mit Basel III, während die USA noch nicht einmal Basel II umgesetzt haben.” In der Finanzkommunikation selbst hat sich in den letzten Jahrzehnten viel geändert: „Man meldet jetzt viel mehr als früher”, sagt Kriz. „Es wird mehr mit den Finanzjournalisten kommuniziert, es gibt Compliance-Verantwortliche, die nicht mehr so wie früher bloß Alibis sind, sondern die sattelfest sein müssen und deren Wichtigkeit von den Vorständen erkannt wurde.”

Über den Tellerrand hinaus

Die Alpenrepublik ist auch in den Blickpunkt ausländischer Unternehmen gerückt, ist sich der Communico-Mann sicher: „Vor 20 Jahren wäre es keinem Südamerikaner eingefallen, nach Österreich zu schauen.” Damit ist auch die Cowboy-Börse, die Wien einmal war, zu Ende und die „VIP” (Vienna Inside Party; Anm.) läuft nicht mehr, meint Kriz: „Wien tut sich aktuell als Nachbar des gro-ßen Börsenplatzes Frankfurt sehr schwer.”„Freundschaftsdienste” im Bereich der Wirtschaftsprüfer haben jedenfalls deutlich abgenommen: „Ein, zwei Jahre wird's noch Skandale geben, denn die Angst vor Strafen ist sehr groß.” Obwohl für Banker auch riesige Summen noch immer Peanuts sind, sagt der Communico-Director. Als Finanzkommunikator würde er jedenfalls nur einen „alten Hasen” nehmen, denn: „Was wir erlebt haben, das lernst du auf keiner Universität – und die Tricks sowieso nicht.”

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