ALPBACH. Die Coronakrise mit ihren sich dynamisch entwickelnden Erkenntnissen hat eine „Welt der Wahrscheinlichkeiten” offenbart, mit der die Bevölkerung und die Politik ihre liebe Not hatten und haben. Dass Experten das Bedürfnis nach Sicherheit nicht befriedigen konnten, sei logisch, so die Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny bei den Alpbacher Technologiegesprächen. Das Problem: Während Forscher es gewohnt sind, mit Unsicherheit und Wahrscheinlichkeiten zu arbeiten, wollen die Politik und Laien oft klare Antworten.
Rasche Veränderungen
Die gebe die Welt mit ihren Unvorhersagbarkeiten aber oft einfach nicht her – besonders, wenn sich Dinge so schnell entwickeln, wie der Covid-19-Ausbruch, so die ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrats und Politikberaterin als Mitglied des Rates für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE). Diskussionen über die Bedeutung von Zahlen und Daten würden schnell als Uneinigkeit interpretiert, sagte Nowotny.
Die Politik musste erst verstehen, „dass wir mit neuen Daten arbeiten und auch nicht alle Papers lesen können”, sagte die Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinischen Universität Wien, Elisabeth Puchhammer-Stöckl. Die Situation war vor allem am Beginn „sehr herausfordernd”, alles war „work in progress”. Politiker mussten teils auch erst schrittweise wissenschaftliche Herangehensweisen verstehen. Dies war für die Entscheidungsträger eine „schwere Zeit, weil zu wenig Daten da waren”.
Meinung statt Fakten
Mit Fortdauer der Pandemie hätten Medienvertreter statt nach Informationen auch immer stärker nach Meinungen gefragt, so Puchhammer-Stöckl. Dies sollten Forscher jedoch möglichst gut auseinanderhalten, denn es gehe auch um Vertrauen in viele Richtungen. Darauf, sich in Zuge von Covid-19 im medialen Rampenlicht wiederzufinden, waren Wissenschafter nicht vorbereitet, so die Epidemiologin Eva Schernhammer von der MedUni Wien und der Harvard Medical School (USA). Für James Wilsdon von der Universität Sheffield wurde die Wissenschaft in der Pandemie quasi vom „Provinztheater” in ein „ganz großes Hollywooddrama” katapultiert. (rüm)