Schleichende Pandemie durch resistente Keime
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HEALTH ECONOMY Redaktion 25.11.2022

Schleichende Pandemie durch resistente Keime

Die Todesfälle durch Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien nehmen zu. Ein Ausweg ist schwer zu finden.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Antibiotika haben die therapeutischen Möglichkeiten bakterieller Infektionskrankheiten in der Human- und Tiermedizin gleichermaßen revolutioniert. Allerdings trägt jede Anwendung, auch wenn medizinisch gerechtfertigt, zur Entwicklung von antimikrobiellen Resistenzen bei. Das kann dazu führen, dass Arzneimittel nicht mehr wirken und die Behandlung gegen manche bakterielle Krankheitserreger schwer oder unmöglich wird.

Nationaler Aktionsplan

Die Folge ist eine „stille Pandemie”, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) anlässlich des Europäischen Antibiotikatages in dieser Woche. Weltweit waren im Jahr 2019 etwa 1,3 Mio. Todesfälle direkt auf gegen Antibiotika resistente Erreger zurückzuführen. Bis 2050 könnten sogar jedes Jahr zehn Mio. Menschen durch resistente Keime sterben, wenn nichts unternommen wird. In Europa gab es zuletzt 35.000 Todesfälle. Reinhild Strauß und Florian Fellinger, Koordinatoren des Nationalen Aktionsplans, betonten im Rahmen eines Symposiums zum Europäischen Antibiotikatag die konstruktive Zusammenarbeit mit allen betroffenen Ministerien, den Bundesländern und allen involvierten Systempartnern, welche auch bereits zu greifbaren Erfolgen führte. Zentrales Element ist zusätzlich die Bewusstseins­bildung beim Gesundheitspersonal, das die Antibiotika verschreibt.

Schwierige Forschung

An der nächsten Generation von Antibiotika, die mit neuen Wirkmechanismen multiresistente Bakterien in Schach halten sollen, wird zwar geforscht, aber der Erfolg lässt auf sich warten, informierte der Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig) in einer Aussendung. Der Grund ist eine Einschränkung am Markt: Zum Einsatz dürfen neue Antibiotika nämlich nur sparsam kommen, etwa als Reserve für den Notfall, damit sich auch hier nicht neue Resistenzen bilden. Gleichzeitig ist ihre Entwicklung ebenso komplex wie kostenintensiv. „Langfristig gesehen, werden hier innovative Anreizmodelle notwendig sein, um die Forschung zu stimulieren”, empfahl Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog in Richtung der Politik.

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