Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
EINMAL ANDERS. „Die Krise als Chance” war nach der Lehman-Pleite ein bis zum Erbrechen wiederholtes Mantra. Noch heute schütteln sich all jene vor Grauen, die die Krise schlicht als Krise empfanden. Nichtsdestotrotz gilt seit Joseph Schumpeter die – vielfach bewiesene – Management-Philosophie der kreativen Zerstörung. „Schöpferische Zerstörung ist die Basis für Innovation, unternehmerisches Wachstum und Wohlstand”; kurz: Disruption schafft Platz für Innovationen. Damit, mit dem „Coronavirus als unternehmerische Chance” jenseits von Desinfektionsmitteln und Schutzmasken, setzt sich auf Seite 72 der heutigen Ausgabe in einem Gastbeitrag Nikolaus Franke, WU Executive Academy, auseinander (Lesetipp); Franke zitiert darin Management-Guru Peter F. Drucker, der in seinen Arbeiten immer wieder auf Schumpeter referenzierte.
Vordergründig sind gewisse vorsichtig positive Effekte bereits sichtbar: Die Einsicht, dass globale Lieferketten doppelt gespannt sein sollten, um Sollbruchstellen zuzulassen, wird zu Umschichtungen führen, von denen innovative Logistiker profitieren könnten. Die Tatsache, dass weltweit Unternehmen stillstehen, wenn in China ein gelbes Werkbankl umfällt, könnte eine gesunde Verlagerung von Produktionsstätten einleiten. Der Planet profitiert ebenfalls von abnehmender Reiselust; wer draufkommt, dass Balkonien auch nett ist, hilft mit, den Klimakollaps zu verschieben – und unterstützt die heimischen Gärtnereien. Das erzwungene Revival des Cocooning, Schlagwort der späten 1980er, inspiriert vielleicht solche, die ohnehin Lust auf die Gründung eines Start-ups verspüren, zu rekreativen neuen Geschäftsideen …
Ein Nachtrag: Für die katastrophalen Engpässe, die jetzt auf unsere Spitäler zukommen, bedanken wir Österreicher uns auch ganz herzlich bei jenen 90 Prozent unserer Landsleute, die es nicht der Mühe wert gefunden haben, sich zumindest gegen die Grippe impfen zu lassen. Mehr dazu in der lesenswerten Titelgeschichte von medianet health economy auf Seite 62.