Wrabetz will vier Cent pro Tag & Haushalt mehr
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MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 09.12.2016

Wrabetz will vier Cent pro Tag & Haushalt mehr

ORF stellt Antrag auf Gebührenerhöhung um 7,7% und kündigt ein Sparprogramm an.

••• Von Dinko Fejzuli

 

Lange wurde spekuliert, nun hat der ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz den Antrag auf Erhöhung der ORF-Gebühr an den Stiftungsrat verschickt. Das gewünschte Mehr beträgt 7,7% und gilt für die kommenden fünf Jahre.

Das Programmentgelt soll damit von derzeit 16,16 auf 17,41 Euro pro Monat steigen. Das sind 4 Cent pro Tag und Haushalt. Insgesamt zahlen die heimischen Haushalte aber mehr als nur das sogenannte ORF-Programmentgelt (für TV & Radio) von 16,16 €/Monat.

Länder langen zu

Die Bandbreite reicht hier je nach Bundesland von 24,88 € in Wien bis zu 25,18 € in der Steiermark. Das Extra über die 16,16 € hinaus setzt sich etwa aus Gebühren und Abgaben, die der ORF an den Bund abführt, einem Kunstförderungsbeitrag, den ebenfalls der Bund aufschlägt, und der Landesabgabe, die zwischen Null und 5,40 € betragen kann, zusammen. Damit schlagen manche Bundesländer bis zu 30% des Rundfunkentgelts nochmals drauf.

„Für die Zuschläge, die da noch hinzukommen, kann der ORF nota bene nichts”, so ­Alexander Wrabetz bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten zum Thema Gebührenantrag.
Und wie steht der ORF wirtschaftlich generell da? Im vorläufigen Finanzplan, der im November an die Stiftungsräte ging, gab es noch eine „Finanzierungslücke” von rund 42 Mio. Euro. Wobei, wie Wrabetz erneut betont, das ursprüngliche „Delta”, das der frühere Kaufmännische Direktor Richard Grasl, der Wrabetz' Kontrahent bei der jüngsten ORF-Wahl war, übergeben habe, 80 Mio. betrug. 28 Mio. der Lücke würden im kommenden Jahr durch das Gebührenplus gedeckt werden, das mit Jahresmitte schlagend wird. Der Rest – „und damit zwei Drittel”, wie Wrabetz unterstreicht – soll durch Einsparungen hereinkommen.
Hier stellt er ein 300 Mio. Euro schweres „Struktur- und Kostensenkungsprogramm” bis 2021 in Aussicht. Dieses beinhaltet auch Einsparungen beim Personal. So würde man die 600 möglichen, durch Pensionierungen frei werdenden Posten bis 2021 nur zur Hälfte nachbesetzen „und da auch nicht nach dem Gießkannenprinzip”, so der Generaldirektor.

2.900 statt 3.200 Mitarbeiter

Damit würde der ORF seinen Personalstand in den kommenden fünf Jahren von 3.200 auf 2.900 Mitarbeiter senken. Bis seinen bisherigen Sparprogrammen wurden übrigens bereits 650 Mitarbeiter abgebaut; nun sollen es nochmals um 300 ­weniger werden.

Der Antrag auf Erhöhung er Gebühr an sich, so der ORF-Generaldirektor, habe im Übrigen nichts mit einem angeblichen ­Finanzloch zu tun, das es zu stopfen gelte. Man habe nur in den letzten Jahren durch den Verkauf des Funkhauses oder der Rosenhügelstudios Einmal­erlöse lukrieren können, die es aber in dieser Form in den kommenden Jahren eben nicht gebe.

Kein Sparen beim Programm

Und wo soll neben dem Personal noch gespart werden? Auf jeden Fall nicht beim Programm; hier habe man bei real sinkenden Einnahmen auch bisher deutlich mehr Output geliefert.

Sparen werde man etwa beim gerade in den letzten Tagen vom VÖP viel kritisierten Start-up-Cluster. Dieser werde de facto eingestampft. Wrabetz dazu: „Auch wenn es interessante Projekte sind, können wir kein Geld in Bereiche stecken, die nicht zum Kernauftrag des öffentlich rechtlichen Senders gehören.”
Um den Gebührenzahlern die Gebührenerhöhung zu erklären, wird es auch eine eigene Kampagne mit dem Slogan „Wir für Sie” geben, wo man erläutern möchte, weshalb eine Anpassung der Gebühr, 4 Cent pro Tag und Haushalt, notwendig wäre, so Wrabetz beim Hintergrundgespräch. „Wir werden keine Gebührenkampagne fahren, aber wir wollen gegenüber den ­Zahlerinnen und Zahlern transparent zeigen, wie viel eben was kostet.”
Apropos Kosten: Angesprochen auf den Umstand, dass ARD & ZDF wegen zu hoher Forderungen der Rechteinhaber nun in den nächsten Jahren Olympia nicht im Programm hätten, sieht Wrabetz hier keine Parallelen: „Wir haben Olympia zu jenem Niveau bekommen, das die Deutschen auch gern gehabt hätten.”

Olympia ja, oder nein

Interessant, so Wrabetz, sei aber dann schon der Umstand, dass nach Absage von Olympia in Deutschland manche sofort eine Gebührensenkung wegen der wegfallenden Kosten für Olympia angezettelt hätten. Dies zeige, dass man sehr wohl dafür sei, dass auch öffentlich-rechtliche Sender selbstverständlich solche Premium-Sportveranstaltungen im Programm haben sollen.

Kooperation mit Privaten?

Eine Möglichkeit beim Kauf der Rechte wäre eine Kooperation mit den Privaten – etwas, was der ORF bereits mit ATV vorgemacht habe. Dazu brauche es aber eben auch die Privaten.

Der ORF-Chef stellt generell eine Konzentration auf „nichtkommerzielle Angebote” in Aussicht; man werde schlicht weniger Rechte kaufen. Umgekehrt würden die Mittel für die österreichische Filmwirtschaft mit 100 Mio. Euro 2017 um fünf Mio. Euro erhöht.

ORF-Baustelle als Baustelle

Als weitere mögliche Erlösquelle sieht Wrabetz grundsätzlich auch die steigende Zahl der Haushalte. Das Problem dabei: Wenn diese behaupten, sie würden nur „Streamen”, könne die GIS keine Gebühr einheben. Damit ergäbe sich ein Delta zwischen den potenziell neuen Haushalten als Gebührenzahlern und jenen, die laut einem OGH-Urteil beim Streamen ­keine Gebühr zu entrichten hätten. Mediale Baustellen wie diese wird man aber wohl bei der von Medienminister Drozda für kommendes Frühjahr angekündigten ORF-Enquete auch diskutieren.

Apropos Baustelle: Auch beim Um- bzw. Neubau des ORF-Zentrums kommt es zu Redimensionierungen. Ein geplantes Volumen von insgesamt 100 Mio. Euro für den technischen Umbau des Hauses (Sendetechnik, …) werde nicht oder in anderen Tranchen getätigt. Beim Gebäude-Neubau selbst will man die Kosten um weitere 10 Mio. Euro drücken; hier werde man einige Elemente neu überdenken – technisch und architektonisch, so Wrabetz.

Information weiter ausbauen

„Der Output soll im Wesentlichen gleich bleiben”, versichert Wrabetz trotz der Sparpläne. Als „Schwerpunkte fortschreiben und ausbauen” will die ORF-Führung den Informationsbereich, Investitionen in den österreichischen Film sowie die „moderate Weiterentwicklung von ORF III”. Bei ORFeins „muss es Änderungen geben”, daran hält er fest – doch man müsse sich angesichts der Budgetsituation „nach der Decke strecken”.

Dass der ORF übermäßig viel für Hollywood-Ware und Sport­rechte ausgibt, wie die Privatsender kritisieren, weist er zurück: „Für amerikanische Filme und Serien geben wir drei Prozent unseres Umsatzes aus, und diese Mittel ausschließlich aus Werbeerlösen in ORFeins, nicht aus Gebührengeldern. Bei den Sportrechten orientieren wir uns nicht an den Erwartungen der Privatsender, sondern an jenen der Gebührenzahler”, so Wrabetz abschließend.

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