Es sind die Jahrgänge 1980 bis 2000, die die Generation Y ausmachen. Sie werden als bestens ausgebildet, flexibel und technikaffin beschrieben und gelten als Individualisten. Die starren Strukturen und Hierarchien der Generation X (1960–1980, Anm.) und der Babyboomer (1955–1969, Anm.) sind ihnen ein Greuel, (Lebens-)Pläne, die über ein Jahr hinausgehen, im besten Fall suspekt. Geld, so vorhanden, ist für die „Ypsilons” zum Ausgeben da – wer weiß schließlich schon, was in einem Jahr sein wird …
Aber was ist mit Versicherung, Veranlagung und Vorsorge? Hat die Branche hier nur mehrere harte Nüsse auf verschiedenen Ebenen zu knacken? Oder doch ein weites Feld voller Chancen? Von der Digitalisierung profitiert schließlich nicht nur die Generation Y – es sollen ja sogar schon Jahrgänge vor den Babyboomern beim erfolgreichen Gebrauch von Smartphones gesichtet worden sein.
Beim hochkarätig besetzten medianet-Round Table-Gespräch diskutierten Vertreter der Finanzberatung, Versicherungs-, Fonds- und Immobilienunternehmen über die neuen Herausforderungen betreffend „Generationswechsel” – auch im Hinblick auf die Digitalisierung der Finanzbranche.
Immer und überall online
Keine Generation ist in der Theorie so gut informiert wie die Millennials. Sie wissen, was wo im Internet zu finden ist. Welche Plattform wofür am besten ist. Sie sind dermaßen vernetzt, dass es einem Geflecht gleichkommt. Und dennoch, wer jetzt fürchtet, das Ende der Versicherungsberater oder der Financial Planner sei angebrochen, weil die Millennials ohnehin alles besser wüssten, darf sich wieder entspannen: „Es ist schon bemerkenswert. Trotz der hohen Internetaffinität dieser Zielgruppe ist und bleibt der persönliche Berater für diese Ziegruppe sehr wichtig – egal, ob das im Abschluss oder im Schadensfall ist”, bemerkt Michael Gadinger, Marketing und Produktentwicklung sowie Produktmanager Lebensversicherungen der Wiener Städtischen. „Wir sehen in dieser Zielgruppe vor allem sogenannte ROPOs; dieser Begriff steht für ‚research online and purchase offline'. Diese ROPOs informieren sich über Finanzprodukte im Vorfeld übers Internet, greifen dann aber doch – besonders bei komplexen Finanzprodukten – sehr gern auf den Berater zurück”, so Gadinger.
Veranlagung für Generation Y
Was die persönliche Finanzberatung, wie sie Österreichs Marktführer Swiss Life Select anbietet, anbelangt, so ist sich die Expertenrunde einig: Es besteht eine Riesenchance für Berater, wenn sie mit einer hohen fachlichen Kompetenz ausgestattet sind und digital – auf den für die Gen Y relevanten Kanälen, wie WhatsApp, Snapchat, etc. – kommunizieren.
Bei der Veranlagung in Immobilien scheint die Sache einfach, hat die Generation Y ja noch von der Generation X im Ohr, dass (Wohnungs-)Eigentum eine gute Sache ist. Unterschiede gibt es trotzdem, erklärt Matthias Gregoritsch, Sales Manager bei der C&P Immobilien AG: „Grundsätzlich muss man festhalten, dass die Generation Y die Freiheit liebt. Sie wollen sich nicht mehr so lange und fix binden. Viele unserer Kunden leben selber in einer Mitwohnung, wollen aber auf die Vorzüge eines Eigentums nicht verzichten. Sie kaufen eine Vorsorgewohnung und haben damit gleich mehrere Vorteile: sie bleiben zum einen absolut flexibel, weil sie ihre eigene Mietwohnung jederzeit kündigen können, auf der anderen Seite haben sie aber auch die Vorteile eines Sachwerts.”
Im Vergleich zur Elterngeneration geht die Generation Y weg vom selbstgenutzten Eigentum, denn sie will in der persönlichen Lebensplanung flexibel sein – ein Umstand, der „uns in die Hände spielt und dem Kunden Vorteile bringt: passives Einkommen gegenüber dem Mieter; und sie machen natürlich die Wertschöpfung der Immobilienmärkte mit”, meint Gregoritsch.
Ein Phänomen zeige sich laut Gregoritsch im Schnittfeld Anlagewohnungen-Millennials: Die Ypsilons, die sich eine Vorsorgewohnung (schon) leisten können, haben zumeist auch eine. Jene, die sie sich (noch) nicht leisten können, sind oft in einer solchen eingemietet.
Michael Gadinger streicht hier die Vorzüge einer Lebensversicherung hervor: „Da brauche ich kein Riesenkapital, um mit meiner Vorsorge zu beginnen. Kleinstbeträge reichen völlig, wenn ich etwa noch studiere oder Teilzeit arbeite. Lebensversicherungen sind kein starres Vehikel mehr – die können flexibel angepasst werden.”
Gebildet und weltfremd
Noch ein Phänomen, das aber nicht nur bei der Generation Y, sondern auch bei ihren Eltern vorkommt: Deren Erwartungshaltung an Renditen ist im besten Falle weltfremd. „Eine Schroders-Umfrage zeigt: Die Millennials haben mit Abstand die höchste Gewinnerwartung, nämlich über zehn Prozent im Jahr. Im Schnitt erwartet die Elterngeneration aber auch noch acht Prozent im Jahr”, wundert sich Alexander Koschar, Business Development Manager, Senior Manager–Austria der Fondsgesellschaft Ethenea. „Und als Vergleich, von mehreren Fondshäusern durchgeführt: Die globalen Aktienmarktrenditen über zwölf Monate liegen bei nur rund drei Prozent. Man sieht hier eine große Divergenz.”
Die Frage nach den passenden Produkten sei eine schwierige. „Die Produkte müssen auf jeden Fall sehr auf das Individuum zugeschnitten sein. Wir versuchen, die Bedürfnisse der Jungen in unsere Fonds einfließen zu lassen, zum Beispiel Nachhaltigkeit. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Das Produktangebot ist viel zu groß und unüberschaubar für den einzelnen Anleger”, meint Koschar und glaubt an die große Stunde der Vermögensberater.
Außerdem brachte die Schroders-Umfrage Licht ins Anlageverhalten: 41% der Millennials würden unter einem Jahr, 5% länger als fünf Jahre investieren.
Das Kreuz mit der Technik
Wie also dem Informationshunger begegnen? Stellt die Digitalisierung gar eine Gefahr für die Finanzdienstleistung dar?
„Grundsätzlich ist die Digitalisierung eine Veränderung – jede Veränderung ist Chance und Risiko zugleich. Was sich natürlich geändert hat, ist die Geschwindigkeit der Veränderung, und das ist das große Problem der Institute. Vor allem der Banken”, sagt Stefan Wonisch, Leiter von „die plattform” der Capital Bank, und skizziert den Ist-Zustand: „Fast jede Bank in Österreich hat im Hintergrund ein veraltetes IT-System und versucht jetzt, Geld in die Hand zu nehmen und, darauf aufbauend, irgendwas Digitales, Schönes zu machen. Was meistens eher schlecht als recht funktioniert. Auf der anderen Seite sieht man FinTechs, die etwas ‚auf der grünen Wiese' entwickeln können, sehr spezialisiert oft ein recht kleines Thema angehen und dafür sehr schnell eine schöne digitale Lösung anbieten können.”
Die Grundvoraussetzung ist für den Experten Wonisch ein Online-Zugang, der auf jedem System funktioniert und zwar nicht nur für diese Generation, sondern für alle. „Wir gehen das Thema so an, dass wir Schnittstellen zur Verfügung stellen und dass der jeweilige Vertriebspartner dann sehr individuell seine Vorstellungen umsetzt”, so Wonisch.
Auch Roger Stoller, Head of Business Development, Strat. Partnerships & Digital Business bei Swiss Life Select Österreich, sieht es um die Finanzbranche, betreffend Digitalisierung, nicht gut bestellt: „Darum haben ja auch die ganzen FinTechs im Moment so einen großen Zulauf, obwohl sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.” Flexibilität sei besonders wichtig, ebenso Relevanz. Die Kundenbindung sei trotz gesunkener Kundenloyalität mit Qualität hochzuhalten. Zudem sieht Stoller den Begriff „Generation Y” im Zusammenhang mit Veranlagung zu weit gefasst. „Man kann nicht allen der Generation Y die gleichen Produkte anbieten: Ein 36-Jähriger hat andere Interessen als ein 17-Jähriger.” Das Problem versucht man bei Swiss Life Select mit „Personas” zu lösen, einem Tool aus dem Bereich der Mensch-Computer-Interaktion zur Entwicklung von Prototypen mit einem bestimmen Nutzungsverhalten. „Es braucht zielgerichtete Kundenansprache. Und man muss die Zielgruppe genau definieren”, so Stoller zur Problematik. Generell sollten Beratung und Abwicklungsprozesse „schmerzfrei” sein.
X übergibt an Ypsilon
Eine gänzlich andere Problematik im Zusammenhang mit der Generation Y bringt Siegfried Koch, Head of Sales bei Swiss Life, aufs Tapet, nämlich die des Erbens: „Die gesetzliche Erbfolge passt nicht mehr zur Generation Y. Das Erbrecht ist über 300 Jahre alt, damals hat es noch keine Patchwork-Familien gegeben, oder nicht-eheliche Lebensgemeinschaften.”
Das durchschnittliche Erbe in Österreich wurde 2010 auf rund 80.000 € geschätzt (seit dem Wegfall der Erschaftssteuer gibt es da keine genauen Daten mehr, Anm.), gegenwärtig auf rund 100.000 €, Tendenz steigend. Ein Testament haben dennoch nur 15% aller Österreicher – ein Fehler, der möglicherweise in unseren Wesenszügen begündet ist. „Wir müssen den Leuten Mut geben, sich über ihr Vermögen Gedanken zu machen. Es gibt einen Spruch in Österreich: ‚Über Geld spricht man nicht' – und schon gar nicht wenn's ums Erben geht. Das ist in Österreich ein Tabuthema und dieses Tabuthema müssen wir aufbrechen – damit entstehten Bewusstsein und in weiterer Folge Wünsche”, analysiert Koch. Eben diese Wünsche sollten dann mit Spezialisten besprochen werden, empfiehlt der Swiss Life-Experte: „Wenn wir Informationsveranstaltungen machen, geht der Kunde nach Hause und weiß, er muss zu einem Notar gehen, ein Testament machen – wenn er Sachwerte hat, die er weitergeben möchte. Wenn er Barvermögen hat, dann gibt es die Möglichkeit, dieses in Form einer Lebensversicherung generationsübergreifend, direkt und außerhalb der Erbfolge, weiterzugeben. Mit Steuervorteil. Es muss nicht immer das Sparbuch sein.”
Trotz eines starken Digitalisierungstrends bei den Millennials, wünscht sich diese junge Generation eine kundenorientierte Finanzberatung, welche die individuelle persönliche Betreuung weiterhin als zentrales Element ansieht und den Menschen fokussiert, fasst medianet-Herausgeber Oliver Jonke das medianet-Round Table zusammen.