Wetzlar/Wien. Konzentration auf die Kernkompetenz oder auch einmal etwas Neues wagen? Der Kamerahersteller Leica macht beides.
Die Anfang des Jahres gelaunchte M11, die traditionelle Messsucher-Fotografie mit modernster Kameratechnik vereint, fällt klar in die erste Rubrik, mit der L1 und der L2 betritt Leica dagegen ein neues Terrain.
Den Plan, eine eigene Uhr zu entwickeln, hatte man schon im Juni 2018 präsentiert; bis die beiden Zeitmesser marktreif waren, hat es dann fast vier Jahre gedauert. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie lupenreine Manufaktur-Produkte sind. Als Partner hatte man sich die Lehmann Präzision GmbH an Bord geholt, die für Leica bereits Präzisionsmaschinen gebaut hat und seit 2011 eine eigene Uhrenmanufaktur betreibt.
„Es war natürlich sehr interessant, in zwei so unterschiedlichen Bereichen mit Leica zu tun zu haben, wobei das ‚Projekt Uhr' für mich wirklich eine Herzensangelegenheit war und ist”, sagt Firmenchef Markus Lehmann.
Hohe Uhrmacherkunst
„Eine große Herausforderung für das Entwicklerteam war die patentierte Drückerkrone. Bei herkömmlichen Uhren zieht man normalerweise die Krone um eine oder zwei Positionen heraus, um die Zeit oder das Datum zu stellen. Bei uns wird die Krone gedrückt – analog zu unserem Kameraauslöser”, erklärt Stefan Ebner-Kaufmann, Global Director Accessoires bei Leica und Leiter des Uhrenprojekts. „Auch die Realisierung der zweiten Zeitzone bei der Leica L2 verlangte Kreativität. Wir konnten die Gleichschaltung über das Window of Light findig lösen – ein weiteres, gelungenes und eigenständiges Merkmal dieses Zeitmessers.”
Warum die Entscheidung zugunsten von Handaufzugskalibern gefallen ist, hat mehrere Gründe. Einerseits sieht man diese ursprüngliche Form der Mechanik als Hommage an den Leica-Gründer Ernst Leitz I., der einige Jahre bei einem Uhrenhersteller in der Schweiz gearbeitet hatte, andererseits gab es aber natürlich auch einen technischen Grund, wie Kaufmann erklärt: „Die Komplexität der Leica-Uhr – zum Beispiel die gleichmäßig aufgehenden Schieber der Gangreserve – benötigten eine gewisse Bauhöhe. Der Rotor eines Automatik-Werks hätte zusätzlich Höhe hinzugefügt, und diesen Kompromiss wollten wir nicht eingehen. Gleichzeitig wächst einem die Handaufzugsuhr so richtig ans Herz. Man will mit ihr jeden Tag interagieren, sie aufziehen und nach ihr schauen.”
Erweiterung geplant
Damit der Anblick auch abgesehen von den technischen Finessen Spaß macht und die Uhren sich formal perfekt ins Gesamtsortiment eingliedern, hat man auf Achim Heine gesetzt, der bereits eine Reihe von Leica-Produkten gestaltet hat und die Design-Grundsätze der Marke aus dem Effeff kennt.
Mit der L1 und L2 ist das Uhrenprojekt von Leica aber noch nicht abgeschlossen: „Wir haben uns langfristig ausgerichtet und in eine entsprechende Infrastruktur investiert. Wir arbeiten schon mit Hochdruck an den nächsten Produkten”, sagt Kaufmann und will dazu bald mehr verraten.