„Meilenstein von 600 Millionen Euro erreicht”
© Erste Bank/Marlena König
Peter Surek
FINANCENET Redaktion 19.04.2024

„Meilenstein von 600 Millionen Euro erreicht”

Peter Surek, Erste Social Finance Holding, im Gespräch mit medianet über Hilfe, wo das System an Grenzen stößt.

••• Von Reinhard Krémer

Das Social Banking der Erste Group erreichte einen Meilenstein von 600 Mio. € an vergebenen Krediten. ­medianet sprach aus diesem Anlass mit dem CEO der Erste Social Finance Holding, Peter Surek.

 

medianet: Seit wann betreibt die Erste ihr Social Banking und was war die Motivation dafür?
Peter Surek: Ziel des Social Bankings der Erste ist es, Finanzmittel zu nutzen, um positive Effekte auf unsere Gesellschaft zu erzielen. Der Weg dazu begann 2006 mit der Gründung der Zweiten Sparkasse, die Menschen in finanziellen Notlagen Zugang zu Konten und spezialisierten Beratungsdienstleistungen verschafft hat. Diese Initiative, die von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Erste in Zusammenarbeit mit Partner-NGOs durchgeführt wurde, erwies sich als äußerst erfolgreich. Der Erfolg inspirierte die Erste dazu, das Potenzial der Zweiten Sparkasse außerhalb Österreichs auf dem CEE-Markt zu prüfen.

Wir erkannten dabei, dass in diesen Ländern der Zugang zu Konten weniger ein Problem darstellt als der Zugang zu Krediten. Daher unternahm die Bank 2009 den nächsten Schritt und gründete ein Mikrofinanzinstitut in Rumänien. Dieses Unternehmen konzentrierte sich auf die Vergabe von Krediten an Unternehmer im ländlichen Bereich, insbesondere auf kleine Landwirte.
Nach den Turbulenzen der Finanzkrisen initiierte die Erste 2016 die systematische Umsetzung des Social Bankings in allen ihren Kernmärkten. Seitdem haben 47.291 Kunden von den Dienstleistungen des Social Bankings profitiert, insgesamt wurden bisher 595,6 Millionen Euro an Finanzierungsmitteln bereitgestellt. Als direkte Folge konnten rund 100.000 Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden.


medianet:
In welchen Märkten sind Sie aktiv?
Surek: Wir sind hauptsächlich in Österreich, Kroatien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Serbien und Rumänien tätig. Darüber hinaus führen wir auch spezifische Social Banking-Projekte in Nordmazedonien sowie Bosnien und Herzegowina durch. In jedem Markt passen wir unsere Programme und Dienstleistungen an die jeweiligen lokalen Bedürfnisse an.

medianet:
Welche Zielgruppen sprechen Sie an?
Surek: Im Mittelpunkt unserer Bemühungen steht die Verbesserung des Zugangs zu Finanzdienstleistungen – insbesondere zu Krediten – für diejenigen, für die dies nicht oder nur erschwert möglich ist.

Durch die Bereitstellung von Finanzmitteln für Unternehmensgründer und Kleinstunternehmer wollen wir Erhalt und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen insbesondere in ländlichen Gebieten fördern.
Darüber hinaus bieten wir Finanzierungen für gemeinnützige Organisationen und soziale Unternehmen an, um den sozialen Sektor zu stärken und lebensnotwendige soziale Dienste sicherzustellen. Zusätzlich bieten wir auch finanzielle Beratung für Menschen an, die sich in einer schwierigen finanziellen Situation wie z.B. einem Privatkonkurs befinden.


medianet:
Wo ist das Angebot besonders nachgefragt?
Surek: Im Social Banking helfen wir dort, wo das reguläre Bankensystem an seine Grenzen stößt. Oft sind wir die einzige Bank in der Region, die unseren Kunden Hilfe anbietet. Wir sehen eine starke Nachfrage nach unserem Finanzierungsangebot für Start-ups, die wir vom ersten Tag an unterstützen können.

Wir sind jedoch auch wichtige Finanzierer des gemeinnützigen Sektors, in dem oft die Notwendigkeit besteht, Förderungen und Subventionen vorzufinanzieren, um über die notwendige Liquidität für den täglichen Betrieb zu verfügen.
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für die Attraktivität unseres Angebots ist Rumänien, das die höchste Anzahl von Kleinstunternehmen in der EU hat und wo eine starke Nachfrage nach Agrar-Mikrokrediten besteht.


medianet:
Welche Finanz­instrumente kommen zum Einsatz und wie funktionieren diese?
Surek: Wir arbeiten mit einer breiten Palette von Finanzins-trumenten – von einfachen Girokonten und Darlehen bis hin zu innovativen sozialen Finanzierungsinstrumenten wie Quasi-Eigenkapital wie Nachrangdarlehen oder Social Impact Bonds.

Quasi-Eigenkapital hilft sozialen und grünen Unternehmen, die aufgrund von begrenztem Eigenkapital, fehlenden Sicherheiten oder unzureichender Rentabilität oft Schwierigkeiten haben, eine Finanzierung zu erhalten. Dieses Finanzierungsinstrument stärkt die Kapitalbasis von Unternehmen, ohne die Eigentumsstrukturen zu verändern.
Die bereits erwähnten Social Impact Bonds ermöglichen die Finanzierung innovativer sozialer Projekte, indem sie Investoren, die öffentliche Hand und Anbieter sozialer Dienstleistungen zusammenbringen. Die Investoren finanzieren die soziale Projekte vor, die von NPOs oder Sozialunternehmern ausgeführt werden, und bei Erreichen eines festgelegten Wirkungsziels wird ihre Finanzierung vom öffentlichen Sektor zurückgezahlt.

In unserem jüngsten Fall hat atempo, ein Sozialunternehmen aus Graz, arbeitslosen Frauen eine Berufsausbildung im Pflegebereich zur Verfügung gestellt und damit einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen geleistet. Das von der Erste Stiftung als Investor finanzierte Projekt hat die Wirkungsziele erreicht und damit 52 Frauen geholfen, eine sinnstiftende und lohnende Arbeit zu finden.

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