••• Von Ina Karin Schriebl
Die österreichische Spitalslandschaft steht vor einem gewaltigen Reformprozess. In fast allen Bundesländern werden Krankenhäuser fusioniert und die Spitalsverbünde umorganisiert, mitunter defizitäre Häuser geschlossen und die Bettenzahlen abgebaut. Hintergrund der Anstrengungen ist, dass im Rahmen der Gesundheitsreform der teure intramurale Bereich entlastet werden soll. Zudem werden die Mittel immer knapper, da die budgetäre Hauptlast für die Krankenhäuser die Bundesländer und Gemeinden als Spitalserhalter tragen.
Die derzeit größte Umstrukturierung steht in Österreichs Osten an: Das Wiener Spitalskonzept soll wie berichtet in den kommenden Jahren die medizinische Landschaft in der Bundeshauptstadt signifikant umgestalten. Der Krankenanstaltenverbund (KAV) setzt auf ein aus drei Regionen bestehendes Konzept mit weniger Krankenhäusern – und auf Schwerpunktzentren. Wobei betont wird: Eine Grundversorgung wird es überall geben.
Regionale Spitalseinheiten
Kernstück der Reform: Die Versorgung der Stadt wird künftig in Regionen eingeteilt, in denen jeweils zwei Partnerspitäler zur Verfügung stehen. Im Westen sind dies das Krankenhaus Hietzing und das Wilhelminenspital, in der Region Nord/Ost das Donauspital und das in Bau befindliche Krankenhaus Nord sowie im Süden das Kaiser-Franz-Josef-Spital und die Rudolfstiftung. Die Leistungsangebote sollen aufeinander abgestimmt werden und sich ergänzen. Eine Ausnahme – da auch relevant für die überregionale Versorgung – bleibt das Allgemeine Krankenhaus (AKH). Die Universitätsklinik bleibt in vollem Umfang bestehen.
Bereiche anderer städtischer Spitäler – etwa aus dem Otto-Wagner-Spital oder dem bereits geschlossenen Kaiserin-Elisabeth-Spital – wurden beziehungsweise werden in die sechs nun maßgeblichen regionalen Anstalten übertragen. Generell gehen die Wiener Gesundheitsplaner und allen voran Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) davon aus, dass es künftig mehr ambulante und weniger stationäre Behandlungen geben wird. Für diese Reformvorhaben und den Um-, Aus- und Neubau der nötigen Infrastruktur will die Stadt in den nächsten zehn Jahren zehn Mrd. € ausgeben, erklärte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ).
Das nächste große Reformprojekt wurde ganz im Westen gestartet: Vorarlbergs Gesundheits-Landesrat Christian Bernhard (ÖVP) formuliert als Ziel seiner Spitalsreform ein „Landeskrankenhaus Vorarlberg”. Dieses hätte nach seinen Vorstellungen fünf Standorte, die den derzeit existierenden fünf Landeskrankenhäusern entsprechen – in Bregenz, Hohenems, Rankweil, Feldkirch und Bludenz. Tiefgreifende Umgestaltungen will Bernhard soweit wie möglich mittels „sanfter Übergänge” bewerkstelligen (siehe Interview rechts). Auch in Vorarlberg gilt das Ziel: Qualität erhöhen, Kosten einsparen, Betten reduzieren und die Verwaltung straffen.
Doch auch zwischen den Antipoden Ost-West sind zahlreiche Reformen im Spitalsbereich geplant beziehungsweise bereits beschlossen. So werden – ähnlich dem Vorarlberger Modell – ab sofort die beiden Salzburger Spitäler in Zell am See und Mittersill im Pinzgau als ein Krankenhaus an zwei Standorten geführt. Spitalsreferent Christian Stöckl (ÖVP) erklärte diese Fusion zum „Tauernklinikum” als notwendig, um durch eine „medizinisch und wirtschaftlich sinnvolle Größe” die Standorte langfristig abzusichern: „Es ist weder sinnvoll noch ökonomisch oder personell möglich, sämtliche Leistungen an beiden Standorten anzubieten.” Bestimmte Schwerpunkte gibt es künftig nur noch an einem der beiden Standorte. Die Reformer erhoffen sich durch die Fusion Synergien in der Verwaltung: Neben der Zusammenlegung von Buchhaltung und Kostenrechnung laufen derzeit die Arbeiten zur Vereinheitlichung der IT und der Einkaufslogistik. Krankenhaushygiene, Labor, technischer Sicherheitsbeauftragter, Logistik, Medizintechnik und weitere Bereiche sollen folgen.
Schärfere Rahmenbedingungen
Auch der steirischen Spitalslandschaft steht ein Umbau bevor: Die weststeirischen Landeskrankenhäuser Deutschlandsberg und Voitsberg sowie das südsteirische LKH Radkersburg und das LKH Wagna werden zu Krankenhausverbünden zusammengeschlossen. Notwendig werde die Neustrukturierung durch Rahmenbedingungen wie die durch das Krankenanstalten-Ärztearbeitszeitgesetz schwierige Personalbesetzung und die aktuelle Leistungsentwicklung der Häuser, argumentiert die steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft Kages, die ihren Mitarbeitern für diese Schritte dennoch eine Beschäftigungsgarantie geben will.
Auch in Niederösterreich tut sich einiges: In Waidhofen an der Thaya wird die Geburtenstation geschlossen, ab Juni 2016 sollen Gebärende ihre Kinder in Zwettl zur Welt bringen. Begründet wird diese Maßnahme damit, dass in Waidhofen an der Thaya zum Schluss nicht einmal mehr eine Geburt pro Tag gezählt wurde. Zu kleine Standorte würden im Bereich der Geburtshilfe ein Risiko für die Patientinnen darstellen. In Waidhofen werden aber weiterhin gynäkologische Untersuchungen durchgeführt – die Operationen und eben die Geburten wurden ausgelagert. Sozusagen im Gegenzug dafür, dass die Waidhofener Geburtenstation nach Zwettl kommt, übersiedelt die Kinder- und Jugendpsychiatrie in die andere Richtung. In Melk hingegen werden bis Ende 2016 30 Betten gekürzt – begründet wird das mit dem medizinischen Fortschritt.
Andernorts werden wegen der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklung ebenso Kapazitäten abgebaut: 20 Betten weniger in Scheibbs, in Mauer wird der Pavillon 19 geschlossen, die Remobilisation und Nachsorge wandert mit 24 Betten nach Scheibbs; auch dort betont die niederösterreichischen Landeskliniken-Holding, dass es durch die Umstrukturierungen zu keinen personellen Kürzungen kommen soll.
Versorgung konzentrieren
Um die Effizient zu steigern und Kosten zu sparen, hat die niederösterreichische Landeskliniken-Holding erst vor Kurzem in Wiener Neustadt ein neues Logistikzentrum eröffnet; damit wird die Versorgung der rund 20 Kilometer entfernten Landeskliniken Baden-Mödling, Hochegg, Neunkirchen, Wiener Neustadt und des über 60 Kilometer fernen Hainburg übernommen. Dadurch kann beispielsweise der Einkauf von Medizinprodukten und anderem für alle angeschlossenen Häuser zentral und aufgrund größerer Margen preisgünstiger bewerkstelligt werden.
In Tirol steht eine Spitalsreform wie in anderen Bundesländern noch aus, doch die landeseigenen Tiroler Krankenhäuser firmieren seit dem Vorjahr als „Tirol Kliniken”, der Name TILAK ist Geschichte. Das soll die Unternehmensgruppe attraktiver für Beschäftigte und ausländische Patienten machen.
Aus drei mach eins
In Oberösterreich wiederum werden die Landesnervenklinik Wagner-Jauregg und die Landes-Frauen- und Kinderheilanstalt aus der Oberösterreichischen Gesundheits- und Spitals AG ausgegliedert und bilden mit dem Linzer AKH das neue Kepler-Universitätsklinikum: aus drei Krankenhäusern wird eines.
„Dieser richtungsweisende Schritt wird einerseits langfristig die medizinische Ausbildung auf höchstem Niveau absichern und schafft andererseits durch ein beispielhaftes gemeinsames Vorgehen von Stadt Linz und Land Oberösterreich Klarheit in Bezug auf die Struktur der Weiterentwicklung in der stationären Gesundheitsversorgung in Oberösterreich”, ist Gespag-Aufsichtsratschef Franz Mittendorfer überzeugt. Mit der Überführung der Spitäler ist auch eine Neupositionierung des Unternehmens in Hinblick auf Strategie und Marktauftritt verbunden.