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Curate, Collaborate, Create: Die Schlüsselkompetenzen in einer von KI geprägten Zukunft

Curate, Collaborate, Create: Die Schlüsselkompetenzen in einer von KI geprägten Zukunft

1 Like 21 10 2024

Bei “AI m[eats] creativity?” diskutierten am 10. Oktober über 100 Teilnehmer*innen im Ausstellungsbereich des Ars Electronica Centers, wie Künstliche Intelligenz die Kreativwirtschaft und die moderne Arbeitswelt prägt. Auf Einladung der Creative Region ließen bereits zum zweiten Mal sieben hochkarätige Expert*innen die Gäste an ihrer geballten internationalen Expertise teilhaben. Das innovative Format vereinte TEDx-Spirit mit Haubenküche, einer einzigartigen Location und inspirierenden Kurzimpulsen. Das Besondere dabei: Die Vortragenden saßen gemeinsam mit den Gästen am Tisch. Das ermöglichte vertiefende Gespräche und Austausch auf Augenhöhe. Begleitet wurden sie von einem Sieben-Gänge-Menü von Muto. Unter den Gästen befanden sich hochkarätige Unternehmen aus ganz Österreich. Der Tenor des Abends: In einer von KI geprägten Arbeitswelt rücken strategische, kreative und zwischenmenschliche Kompetenzen mehr denn je in den Fokus.

“Der anfängliche Hype ist vorbei und viele arbeiten bereits selbstverständlich mit KI. Deshalb wollten wir wissen: wie integrieren Agenturen, Kreativschaffende und Marketingverantwortliche KI in ihre tägliche Arbeit, welche Leistungen können Kreativschaffende in Zukunft anbieten, welche Skills sind dafür notwendig? Der Austausch untereinander und Diskussionen auf Augenhöhe waren dabei wieder wesentliche Aspekte – das unterstreicht genau die menschlichen Faktoren, die es benötigt, um AI mehrwertstiftend einzusetzen.”, so Georg Tremetzberger, Geschäftsführer der Creative Region Linz & Upper Austria.

„Linz ist Vorreiterin in Sachen KI: Mit der JKU, Sepp Hochreiter und Martina Mara sowie der Ars Electronica haben wir hier geballte Kompetenz im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Die Creative Region brachte bei AI m[eats] creativity? all diese Akteur*innen zusammen und zeigte einmal mehr, was besonders in der Kreativwirtschaft noch alles möglich sein wird", sagt Doris Lang-Mayerhofer, Linzer Stadträtin für Kreativwirtschaft.

State-of-the-art Ansätze und zukünftige Möglichkeiten zeigten die sieben Expert*innen in ihren Impulsvorträgen: 

AI & Modern Society | Anne-Liese Prem, LOOP
“Die Grenzen zwischen digital und real verschwimmen – und damit wachsen unsere kreativen Möglichkeiten.”

In ihrem Vortrag betonte Annie-Liese Prem, Head of Cultural Insights & Future Trends bei LOOP, dass die Gesellschaft durch die wachsende Präsenz und Einfluss von KI vor grundlegenden Veränderungen steht. Sie hob fünf zentrale Trends hervor: 

  • - Der Aufstieg digitaler Avatare und KI-Influencer die bereits in Social-Media-Kampagnen großer Marken präsent sind. 
  • - Die emotionale Bindung die durch KI ermöglicht wird wie durch virtuelle Assistenten die auf persönliche Bedürfnisse reagieren.
  • - Immersive E-Commerce-Erlebnisse die durch 3D-Darstellungen und virtuelle Anproben interaktiver werden. 
  • - Integration von Wearables mit KI die auf das Wohlbefinden und die Emotionen der Nutzer eingehen. 
  • - Das Aufleben des Metaverses und Spatial Computing das durch Technologien wie die Apple Vision Pro verstärkt wird und eine räumliche erlebenswerte Interaktion bietet.
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  • „Today is the worst our technology will ever be“ – dieses Zitat der amerikanischen Futuristin Amy Webb fasst Anne-Lieses Zukunftsoptimismus gut zusammen.
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  • AI & Skills | Cees Dingler, Capitola Amsterdam
  • “Wir brauchen mehr Bewertungskompetenz und Qualitätsbewusstsein, um nicht in einer Flut beliebiger KI-Inhalte zu versinken”

 

 

Cees Dingler, Creative Director und Mitbegründer von Capitola Amsterdam, sprach über die Zukunft kreativer Fähigkeiten in einer zunehmend technisierten Welt und betonte, wie wichtig es sei, Technologie als Partner der Kreativität zu betrachten. Er identifizierte fünf wesentliche Fähigkeiten, die zukünftige Kreative brauchen: Erstens, 

  • - Coding – ein grundlegendes Verständnis der Technik hinter KI ermöglicht bessere Zusammenarbeit und Kontrolle über kreative Tools. 
  • - Crafting – inmitten perfektionistischer KI-Bilder werden menschliche, unperfekte Details wieder wichtiger, um Authentizität zu schaffen. 
  • - Curation – das smarte Kuratieren von KI-Ergebnissen ist essentiell, um nicht in einer Flut beliebiger Inhalte zu versinken.
  • - Critique – ein kritischer Umgang mit KI-Ergebnissen und deren Bedeutung für die User*innen bzw. Konsument*innen ist unverzichtbar. 
  • - Collaboration – in einem Team von Menschen und Maschinen braucht es die Fähigkeit, als Teil eines größeren Ganzen zu wirken. Mit diesen Prinzipien lässt sich die Kraft der KI nutzen, um kreative Prozesse zu bereichern.
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  • AI & Leadership | Axel Unger

“KI demokratisiert Leadership und schafft Raum für echte zwischenmenschliche Verbindungen”

Axel Unger, VP bei MARCH 49 und langjähriger Geschäftsführer von IDEO Germany, sprach über die transformative Kraft von KI im Bereich Leadership und stellte dar, wie künstliche Intelligenz Führung neu definiert. Unger erläuterte fünf zentrale Transformationen, die KI in Organisationen fördert:

  • - Demokratisierung von Leadership – KI ermöglicht eine verteilte und selbstorganisierte Führung, da Mitarbeitende auf Wissen und Intelligenz zugreifen können. 
  • - Bessere Entscheidungsfindung – KI kann datenbasierte Entscheidungen unterstützen und so über rein intuitive Ansätze hinausgehen. 
  • - Proaktives statt reaktives Handeln – durch Mustererkennung hilft KI, vorwärtsgerichtete Strategien zu entwickeln. 
  • - Personalisierte Führung – KI kann Potenziale und Stärken von Teammitgliedern erkennen und fördern. Und fünftens, Auflösung von Silos – indem KI Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg erleichtert, wird kooperative Innovation gefördert. 
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  • Unger betonte, dass KI Führungskräften zukünftig mehr Freiraum für strategische und zwischenmenschliche Aspekte ihrer Rolle geben kann.

 

AI & Workflows | Wolf Spieth, Monks (ehemals Media Monks)
“KI soll Kreative nicht ersetzen, sondern sie befähigen, mehr und besser zu schaffen” 

Wolf Spieth, Transformation & AI Lead bei Monks, erläuterte, wie KI die Arbeitsprozesse in der Kreativbranche transformiert und wie Monks diesen Wandel aktiv gestaltet. Der Ansatz bei Monks konzentriert sich auf drei Kernbereiche: Daten, Content und Media. 

  • - Datenanalyse – Monks nutzt KI-gestützte Analyse-Tools, um tiefere Einblicke in Daten zu gewinnen, die früher nur schwer zugänglich waren. KI hilft, Muster zu erkennen, die menschliche Analyst*innen möglicherweise übersehen und unterstützt dadurch eine präzisere Planung und effektive Personalisierung von Inhalten.
  • - Content-Erstellung – Mit KI können bei Monks kreative Prozesse beschleunigt und skalierbare Inhalte in hoher Qualität produziert werden. Tools wie Monks Flow ermöglichen es, Inhalte effizienter zu erstellen und zu optimieren, so dass repetitive Aufgaben automatisiert werden können und Kreative sich auf die anspruchsvolleren Aspekte ihrer Arbeit konzentrieren können. Die kreative Kontrolle bleibt dabei stets in den Händen der Menschen – KI übernimmt unterstützende Aufgaben, während Designer*innen und Content-Erstellerinnen sicherstellen, dass der finale Output dem gewünschten Markenbild entspricht und hohe kreative Standards erfüllt.
  • - Media – die Automatisierung und Optimierung der Medienausspielung mit Hilfe von KI ermöglicht eine personalisierte, zielgerichtete Ansprache auf Performance-Plattformen. Durch den Einsatz von Digital Twins und Tools wie “Monks Flow” werden kreative Inhalte schnell und präzise an die spezifischen Bedürfnisse verschiedener Märkte und Zielgruppen angepasst. 
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  • Spieth betonte, dass es nicht darum geht, Prozesse vollständig zu automatisieren, sondern gezielt kleine Schritte zu setzen, die eine nachhaltige Verbesserung der Qualität und Effizienz bringen.
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AI & Pricing | Katharina Maun, DODO Wien
“Unsere Kreativität verdient es, richtig bepreist zu werden. Wir haben uns zu lange unter unserem Wert verkauft”

Katharina Maun, Gründerin und Kreativdirektorin der Agentur Dodo, sprach über die Herausforderungen und Chancen, die KI für die Preisgestaltung kreativer Leistungen mit sich bringt. Sie betonte, dass es in der Kreativbranche wichtig ist, den Wert von Ideen und Kreativität nicht nur durch Zeitaufwand zu messen, sondern diesen angemessen zu bewerten. Maun hob drei zentrale Punkte hervor: 

  • - Neudefinition des Wertes von Kreativität – Kreative Leistungen werden oft auf einfache, abrechenbare Zeitaufwände reduziert, was die einzigartige Qualität und den Wert kreativer Ideen untergräbt. Maun appelliert an die Branche, sich nicht unter ihrem Wert zu verkaufen.
  • - Erziehungsarbeit bei Kund*innen – Maun sieht hier eine Art „Erziehungsarbeit“, um den Kund*innen klarzumachen, dass KI zwar Prozesse beschleunigen kann, aber die Zeit und Expertise hinter einer kreativen Strategie einen nachhaltigen Mehrwert bieten, den KI nicht allein liefern kann. Umgekehrt schafft der Einsatz von KI einen Mehrwert für Kund*innen, da Agenturen dadurch flexibler auf Kund*innen -Wünsche reagieren und mehr Zeit für Exzellenz aufbringen können.
  • - Umgang mit Angst vor KI – Maun plädierte für eine positive Einstellung gegenüber KI, die Kreative in Europa anspornen sollte, Chancen statt Bedrohungen zu sehen. Indem die Branche ihre Prozesse effizienter gestaltet und gleichzeitig den kreativen Mehrwert bewahrt, können Kreativagenturen ihre Relevanz stärken und wirtschaftlichen Erfolg sichern.

 

Zur Person:

Katharina Maun ist Co-Gründerin & Creative von DODO Wien, einer der in den letzten Jahren meist ausgezeichneten Kreativagenturen Österreichs, die sie gemeinsam mit Georg Feichtinger leitet. Katharina Maun betreut bei DODO Kunden wie dm International, die oekostrom AG und Humanic. In ihrer Position als Agenturleiterin, aber auch als Vorstandsmitglied des CCA, äußert sie sich immer wieder pro-aktiv zu relevanten Themen im Kontext der Creative Industries, so auch zu AI, dem Wert der Kreativität/Pricing, Frauen in der Kreativwirtschaft und Fair Work. 

AI & Business Models | Thomas Ragger, WILD
“Kreative steuern die KI – und damit die Zukunft von Brands”

Thomas Ragger, Co-Founder der Kreativagentur Wild, sprach darüber, wie Kreativagenturen durch strategische Nutzung von KI Mehrwert schaffen und diesen Mehrwert monetarisieren können. Er hob drei zentrale Ansätze hervor: 

  • - Personalisierte KI-Erfahrungen – Ragger erklärte, dass KI-gestützte Agenten mehr sein sollten als nur funktionale Tools. Sie sollten die Persönlichkeit und den Charakter einer Marke widerspiegeln und eine menschliche Verbindung zu den Nutzern aufbauen. Indem KI-Modelle mit markenspezifischen Daten und Tonalitäten trainiert werden, können Agenturen Markenagenten entwickeln, die in ihrer Sprache und ihrem Verhalten authentisch wirken. Diese Art von personalisierten KI-Agenten hat das Potenzial, Interaktionen emotional ansprechender zu gestalten und so das Vertrauen und die Loyalität der Kund*innen zu stärken.
  • - Hyper-Personalisierung und maßgeschneiderte Erlebnisse – Ragger zeigte auf, wie KI eingesetzt werden kann, um für Kunden individuell abgestimmte Erlebnisse zu schaffen. Indem sie die Bedürfnisse und Vorlieben einzelner Nutzer*innen analysiert, ermöglicht KI eine präzise Ansprache, die weit über herkömmliche Marketingstrategien hinausgeht. Beispielsweise kann ein KI-System in einem physischen Store oder im E-Commerce-Bereich eine persönliche Beratung bieten, die auf den jeweiligen Kontext der Kund*in zugeschnitten ist.
  • - Markenspezifische KI-Tools – Ragger betonte, wie wichtig es ist, dass KI-gesteuerte Tools markenkonform gestaltet sind, um die Authentizität und Konsistenz von Inhalten sicherzustellen. Wild entwickelt Lösungen, die es Unternehmen ermöglichen, KI-Modelle für ihre spezifischen Markenbedürfnisse zu trainieren. Zum Beispiel können Unternehmen KI-Tools nutzen, um Inhalte in ihrem individuellen Stil zu generieren – von visuellen Assets bis hin zu Texten. Durch maßgeschneiderte KI-Modelle lassen sich Prozesse nicht nur beschleunigen und vereinfachen, sondern auch Lizenzmodelle entwickeln, mit denen Unternehmen für jede Nutzung dieser markenkonformen Inhalte einen Ertrag erzielen können.
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Ragger unterstrich, dass die Rolle der Agenturen und kreativen Teams darin besteht, die kreative Richtung und die Markenpersönlichkeit festzulegen, während KI diese Vision aufgreift und skaliert. KI ist für ihn ein Werkzeug, das Kreativen erlaubt, ihre Arbeit auf eine neue Ebene zu heben, indem es ihre Effizienz steigert und die Umsetzung vereinfacht, ohne dabei die Kontrolle über die Markenidentität zu verlieren.

AI & Human Creativity | Martina Mara, LIT Open Innovation Center / JKU
“Kreativität bedeutet, Verantwortung für die eigene Idee zu übernehmen – das kann KI (noch) nicht”

Martina Mara, Professorin für Robopsychology und Expertin für Mensch-KI-Interaktion, sprach über die Beziehung zwischen menschlicher Kreativität und künstlicher Intelligenz. Sie betonte, dass KI zwar in der Lage ist, beeindruckend viele und teilweise nützliche Ideen zu generieren, jedoch nicht als „kreativ“ im menschlichen Sinne bezeichnet werden kann. Mara identifizierte wichtige Punkte, die die Kreativität von KI und Menschen unterscheiden: 

  • - Kreativität erfordert Absicht, Eigenmotivation und Verantwortung – Kreative Akteure wollen etwas ausdrücken und stehen hinter ihrer Arbeit, was KI-Systemen fehlt. 
  • - Bedürfnis nach Autonomie und Kompetenz – Menschen fühlen sich im kreativen Prozess wohler, wenn sie selbstständig Entscheidungen treffen können und sich als Expert*innen erleben, was durch die Gestaltung von KI-Tools unterstützt werden sollte. 
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  • Das Kompetenzerleben von Mitarbeiter*innen soll durch die Förderung eines gesunden Umgangs mit KI gesteigert werden – Schulungen und transparente Kommunikation darüber, wie KI funktioniert, können helfen, Ängste zu mindern und die Nutzung von KI als Werkzeug zu fördern, das Kreative bereichert, anstatt sie zu ersetzen. Mara regte an, darüber nachzudenken, wie das Zusammenspiel von Mensch und KI im kreativen Prozess gestärkt werden kann.

 

 

Das Fazit des Abends

Es zeigt sich, dass KI nach dem ersten Hype nun in den Unternehmen angekommen ist und die neuen Tools integriert werden. Jetzt gilt es, diese Technologien aktiv zu nutzen, die notwendigen Kompetenzen – auch über das reine Prompting hinaus – auszubauen und die Kommunikation sowie die Gesellschaft mit den neuen Möglichkeiten auf ein neues Niveau zu bringen. Menschliche Kompetenzen wie eine kritische Auseinandersetzung und Kuration von Inhalten, strategisches und vernetztes Denken und gestalterische Leitung werden immer wichtiger. Die Creative Region schloss mit dem Aufruf, dem Thema KI auch in Zukunft kritisch und neugierig zu begegnen sich die Freude an der menschlichen Kreativität zu wahren und die Wertschätzung für kreative Arbeit wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken.

www.creativeregion.org