Nicht wer recht hat, gewinnt – sondern oft, wer besser spricht.
Sprache ist nicht neutral. Sie ist nie nur das, was wir sagen – sie ist auch das, wie wir etwas sagen. Besonders deutlich wird das in Diskussionen, wenn es nicht mehr nur um Inhalte geht, sondern um Bilder und eine wirkungsvolle bildhafte Sprache. Wer die richtigen Bilder kreiert, lenkt die Gedanken des Publikums. Und genau hier kommt Arthur Schopenhauers Kunstgriff ins Spiel: Die vorteilhafte Metapher.
Was meint Schopenhauer damit?
Schopenhauer erkannte, in seinen 1864 veröffentlichten Werk DIE KUNST, RECHT ZU BEHALTEN, wer in einer Diskussion die Metaphern kontrolliert, kontrolliert oft auch das Denken. Wenn man den eigenen Standpunkt mit positiven, heldenhaften oder unschuldig wirkenden Bildern verbindet und den Standpunkt des Gegners mit negativen, destruktiven oder lächerlichen, dann hat man einen unsichtbaren Vorteil. Denn wir alle denken in Bildern und unser Gehirn speichert Bilder.
Kurz gesagt: Wer die Sprache der Metaphern meistert, spielt das Spiel mit gezinkten Karten.
Doch warum ist das 2025 besonders relevant?
Heute kommunizieren wir in Headlines, in Social-Media-Snippets, in PowerPoint-Slides. Alles muss schnell verstanden, schnell geteilt, schnell gemocht werden. Logische Argumente haben da oft keine Zeit – aber ein gutes Bild? Das bleibt. „Die Politik fährt den Karren an die Wand“, „Das Team braucht einen Kapitän“, „Das ist ein trojanisches Pferd“ – solche Bilder wirken sofort.
Beispiele aus der täglichen Kommunikation
Die Wirtschaft „an die Kette legen“
Politiker (für weniger Regulierung): „Wir können unsere Unternehmen doch nicht ständig an die Kette legen, wenn wir global wettbewerbsfähig bleiben wollen!“
Was passiert hier? Mit der Metapher „an die Kette legen“ wird Regulierung mit Unterdrückung, Gefangenschaft, Unfreiheit gleichgesetzt. Sachliche Maßnahmen wie Verbraucherschutz oder Umweltauflagen, werden emotional abgewertet. Die Wirtschaft wird zur gequälten Kreatur, die leidet.
Der Effekt: Der Zuhörer denkt nicht mehr über die konkrete Regulierung nach, sondern über ein moralisches Drama: Freiheit gegen Fesselung.
Die „Schlacht“ um den Markt
Start-up-Gründer: „Wir befinden uns mitten im Kampf um Marktanteile – das hier ist eine Schlacht, und wir dürfen keine Schwäche zeigen!“
Diese Metapher verwandelt den Wettbewerb in ein Kriegsszenario. Gegner werden zu Feinden, Kompromisse zu Verrat, Kooperationsangebote zu Spionage. Wer das Spiel übernimmt, rechtfertigt Aggression, Überstunden, Überforderung – denn „im Krieg“ gelten nun mal andere Regeln.
Der Effekt: Die Metapher schafft eine Atmosphäre von Heroismus, Opferbereitschaft und alternativloser Härte – obwohl es vielleicht nur um den Launch einer neuen App geht.
Die „Maschine“ Mensch
HR-Manager: „Wir müssen schauen, dass unser Team wieder reibungslos funktioniert – im Moment ist Sand im Getriebe.“
Was hier passiert, ist subtiler: Menschen werden mit Maschinenteilen gleichgesetzt. Konflikte werden zu Funktionsstörungen, Motivation zu Schmiermittel. Das klingt harmlos – ist jedoch zum Teil entmenschlichend. Wer so spricht, reduziert komplexe soziale Prozesse auf Technikprobleme, die man einfach „reparieren“ muss.
Der Effekt: Der Fokus verschiebt sich weg vom Miteinander und hin zu Output-Optimierung – eine Sichtweise, die oft an der Realität von Zusammenarbeit vorbeigeht.
Warum das funktioniert
Metaphern wirken, weil sie emotional und bildlich sind. Sie helfen dem Gehirn, abstrakte Zusammenhänge schnell zu verstehen. Aber genau deshalb sind sie gefährlich. Denn wer das Bild kontrolliert, steuert auch, wie Informationen und Botschaften wahrgenommen werden.
Steuererhöhung klingt negativ. Solidarbeitrag für die Zukunft klingt positiv – auch wenn es dasselbe meint. Es ist ein bisschen wie in der Werbung: Das Produkt ist gleich, aber die Verpackung verändert die Wirkung.
Metaphern erkennen
- Frage dich in Diskussionen: Welche Bilder werden hier aufgerufen? Wem nützen sie?
- Gegen-Metaphern anbieten: Wenn jemand von „Fesseln“ spricht, kannst du von „Leitplanken“ reden. Wer von „Krieg“ spricht, kann mit „Kooperation“ antworten.
- Bilder bewusst wählen: Nutze Metaphern selbst strategisch – aber mit Verantwortung. Gute Bilder können auch Brücken bauen, nicht nur Fronten errichten.
Die vorteilhafte Metapher ist kein Zufall, sie ist Strategie. Wer mit Bildern arbeitet, hat in jeder Debatte einen heimlichen Joker in der Hand. Doch wie jeder Joker, kann auch dieser missbraucht werden. Wer klar denken und fair diskutieren will, sollte hinter die Bilder schauen – und entscheiden, ob er sich von Metaphern leiten oder lenken lassen will.
Denn wie Schopenhauer schon sagte: Nicht wer recht hat, gewinnt – sondern oft, wer besser spricht. Und wer die Bilder formt und kontrolliert, kontrolliert den Diskurs.
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