Warum kämpfen glühende Europäer um jeden Arbeitsplatz?
Kaum ein Revier auf Erden ist so dicht mit morschen Worthülsen, gedroschenen Phrasen und hohlen Sprechblasen bestückt wie das der Politik, und da hab ich alles, was die wilde Welt der Werbung betrifft, bereits mitgedacht.
Wenn man Politiker:innen zuhört, dann schießen einem brennheiße Tränen waagrecht aus den Augen. Zu meinen Lieblingsquatschgurgelungen aus dem Volksvertreterschlund gehören definitiv die beiden Sprüchlein: „Ich bin glühender Europäer!” Und: „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz!”
Also, das mit dem glühenden Europäer muss man wirklich nicht mehr extra betonen, denn das sind wir mittlerweile alle, Tendenz steigend, wenn wir uns an die Rekordtemperaturen des verglommenen Sommers erinnern. Somit können wir sogar die kaltherzigsten EU-Gegner:innen mit Fug & Recht als glühende Europäer:innen bezeichnen. Jedenfalls darf diese skurrile Blüte politischer Rhetorik getrost ins Heitere Blablarium geklebt werden.
Beim „Kampf um jeden Arbeitsplatz” liegen die Dinge allerdings anders. Ich frage mich: Wie geht denn das konkret, dieses Kämpfen um jeden Arbeitsplatz? Gegen wen wird da gekämpft, oder wofür und dehnt sich der Kampf auch auf die bedrohten Arten wie LKW-Fahrer:innen aus, und wenn ja, mit welchen Mitteln? Rückdrehen der Uhr, oder so?
Gibt’s eine von einem Ausschuss ausgeschossene Liste von gefährdeten Arbeitsplätzen und dann treffen sich die zuständigen Minister:innen mit Vorständ:innen der kündigungs-hungrigen DAX-Unternehmen hinterm Parlament zum Schlammcatchen oder steckt man einander in Schwitzkästen bis jemand das Safeword rausstöhnt? Oder läuft das eh nur auf der Referent:innenebene, wo man beim Fingerhakeln rausfindet, wer wen über den Tisch zieht? Oder wird sowas gar, wie die Leut’ sagen, einfach ausgeschnappst?
Hm …
Irre ich mich, oder steht zu befürchten, dass sich der Kampf der Politiker:innen um jeden Arbeitsplatz vor allem auf den Kampf um den eigenen fokussiert, bzw. auf den Kampf um jenen Arbeitsplatz, den man selbst gerne hätte, auf dem aber leider ein politischer Gegner oder eine Gegnerin sein Europäer:innensein kräftig glühen lässt.
Warum ist sowas ein Problem? Naja, zuerst einmal weiß man, dass die Eigenwahrnehmung von Politiker:innen spätestens dann in Schieflage gerät, wenn sie ihre Wahlkampfparolen selbst glauben, also keine wahrhaftige Geschichte teilen, sondern aufs eigene G’schichterl reinfallen. Das geschieht hier und heute nicht oft, sondern systematisch.
Was aber noch schwerer wiegt ist, dass diese und viele andere nach diesem Muster gestrickten Ausbringungen nichts weiter sind, als Symptomblitze dafür, dass die allerallermeisten für die Führung unserer Gemeinschaft als zuständig Gewählte zwar viel reden, aber wenig zu sagen haben, weil eben die große Geschichte fehlt, in die unsere Gesellschaft hineinwachsen kann. Und das wiegt nicht nur schwer, das zieht unsere Gesellschaft wie ein Mühlstein am Hals an den Grund eines Meeres, dessen Spiegel unter anderem deshalb steigt und steigt.
Angebot & Nachfrage
In unserer Zeit, in unserem Weltenteil, gibt es kaum eine Mangelware die so bitterlich fehlt und so sehnlich nachgefragt wird, wie Verbundenheit, während gleichzeitig nichts so häufig ausgeliefert wird wie das Gegeneinander. In dieses, an allen Ecken und Enden lodernde Feuer, gießen Politiker:innen kanisterweise Öl aus der „WIR!!! sind die Guten”-Quelle, obwohl wir als Menschheit insgesamt erstmals vor einem großen gemeinsamen Gegner stehen, der uns alle bedroht: die Überhitzung des Planeten und das drohende Ende seiner Bewohnbarkeit für uns Menschen. Dabei ist doch hinlänglich und lückenlos erwiesen, dass nichts eine Gruppe so zusammenschweißt wie eine Bedrohung von außen. Das ist gerade in der Politik so verinnerlicht, dass diese Bedrohungen von außen sogar herbeigespindoctort werden, um den Kampf um die eigenen Arbeitsplätze zu gewinnen. Nicht mal das klappt noch?
Wir wissen aber auch, das Gruppen nicht nur durch Gegner, sondern auch durch gemeinsame Aufgaben und Ziele zusammengeschweißt werden, also durch Geschichten, die Bedrohungsszenarien in Chancenmosaike verwandeln. Geschichten, die mit Sätzen beginnen wie „I have a dream …” oder „We choose to go to the moon …” Und genau solch eine Geschichte tut Not. Eine, die mit „Es wird einmal …” beginnt.
Es geht um eine neue Geschichte, um eine revolutionär neue Story, die jenseits von Verzichts-, Einschränkungs- und Katastrophenszenarien das Bild einer für uns alle besseren Welt zeichnet, eine Welt wie sie sein könnte und mit der Frage „Warum nicht …?” Bewegung in die Menschen und Menschen in Bewegung bringt.
Wo sind diejenigen, die eine solche Geschichte erzählen können?
Es sind nicht die „erfolgreichen Politiker”, also jene, deren Erfolg mittels zerbrochenem Kompass an der letzten gewonnenen Wahl verortet wird. Hören wir dem Dalai Lama zu, der uns sagte: „Der Planet braucht keine erfolgreichen Menschen mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Art.“ Ich weiß, diese liebenden Erneuerer:innen, Heiler:innen und Geschichtenerzähler:innen sind mitten unter uns, in allen Generationen: Du bist es, ich bin es, wir sind es. Und ich weiß, wo sie unbedingt sein sollten, damit sie unmittelbar wirksam sein können: in der Wirtschaft. Es braucht dort unternehmerische Menschen, Entrepreneur:innen, Intrapreneur:innen, Menschen, die etwas unternehmen, einerlei, ob sie Unternehmen haben, führen oder gründen. Hauptsache, sie beginnen, dort wo sie können, die neue begeisternde Geschichte von der Neugestaltung unserer Welt zu teilen, die damit beginnt, dass wir uns von den vielen giftigen Albernheiten befreien, die uns seit Generationen eingetrichtert wurden, und wir sie mittlerweile unhinterfragt glauben, wie Politiker:innen es bei ihren eigenen Plakatsprüchen tun. Sowas zum Beispiel:
- - Die Voraussetzung für Wohlstand sind materielles Wachstum und Konsum.
- - Wenn du mehr hast, geht es dir besser.
- - Wir sind die Guten.
- - Decarbonisierung und E-Mobiltät lösen das Klimaproblem.
Ja, derlei Geschichten waren wahrlich effizient als Wegweiser ins Anthropozän, keine Frage. Nachzulesen unter anderem in Hans Roslings „Factfulness”. Tatsächlich erfolgreich sind sie nur, solange man die Opportunitätskosten und alles, was an zerstörerischen Nebenwirkungen anfällt, externalisiert (also anderen Menschen anderswo und kommenden Generationen unterjubelt). Oder wenn man alles, was man dazu weiß, ignoriert. Das geschieht seit mindestens 50 Jahren strukturell – Stichwort „Grenzen des Wachstums”.
Wer, wie, wo?
Wo kann man diese liebenden Erneuerer:innen treffen? Sind das diejenigen, die Social Entrepreneurship betreiben? Sind das diejenigen, die bei Fridays for Future mitmischen, oder im Frühverkehr mitten auf Kreuzungen festkleben? Sind das diejenigen, die Bäume umarmen und auf Ökostrom umstellen? Ja auch, unbedingt. Doch was mich in meiner mitunter aufflackernden Ratlosigkeit über das, was mit und um uns (und durch uns verursacht) abgeht, immer wieder hoffnungsfroh stimmt ist, dass selbst dort, wo man es am wenigsten erwartet, ein quirliges Umdenken keimt: in Tech-Konzernen, in B2B-Industries, in der Finanzwirtschaft. Natürlich noch zu wenig, viel zu klein und auch spät. Mitunter vom Marketing-Schalk getrieben. Aber doch!
Kürzlich durfte ich bei einem Kongress von IT-Führungskräften eine Keynote geben, also bei einem Publikum, bei dem man – zumal bei einer auf ihre Kernkompetenz ausgerichteten Veranstaltung – mich und die Themen, zu denen ich etwas abliefern kann, überhaupt nicht vermutet. Und wie oft in solchen Setups erwartete ich eine Abstoßungsreaktion, als hätte man versucht, einem Nashorn Schmetterlingsflügel einzupflanzen. – Aber auch diesmal: das Gegenteil!
Ähnliches erlebe ich, wenn ich mit Unternehmen und Marken an ihrer neuen Story arbeite. Am Anfang geht’s meist ums äußere Storytelling bis hin zur Hoffnung aufs umsatzerhöhende Zauberg’schichterl. Doch plötzlich versteht man, dass sich die innere Story verändern muss, dass es um Anliegen und Bedeutung eines Unternehmens geht, und dann alles andere im Außen fast automatisch folgt.
Das sagt mir, dass wir eine lebendige Chance haben, wenn eine ausreichende Menge an Menschen in die neugestaltende Kraft kommt. Wenn unternehmerische Menschen in ihren Companys ins Tun kommen, einen Schritt nach dem anderen in die richtige Richtung setzen – unbeirrbar, unaufhaltsam. Dort, wo unternehmerische Menschen, also begeisterte Mitarbeiter:innen in Teams respektvoll an einer gemeinsamen Aufgabe arbeiten, die zu mehr beiträgt als unterschiedliche Haufen größer werden zu lassen, dort entstehen Arbeitsplätze. Das ist – um in der albernen Rhetorik zu bleiben – die Kampfzone.
Es geht nämlich längst nicht mehr um die Politik und die Politiker, sondern um das, was Unternehmen anschieben. Wir müssen gar nicht das Loblied auf einen Trompeterschwan wie Patagonia anstimmen. Schau doch nur, was ausgerechnet der Diskonter Aldi in Sachen Billigfleisch verändert hat (ja, nicht genug – aber doch). Als zuständige:r Politiker:in musst du dich doch angesichts dessen, was die Politik über viele Jahre hier nicht und nicht geschafft hat, mit dem Offenbarungseid auf den Lippen unter dem nächsten Stein verkriechen, oder? Der altbekannte Bill Clinton-Wahlkampfsager „It’s the economy, stupid” bekommt plötzlich eine völlig neue zauberhafte Bedeutung, Unternehmen bekommen eine erfüllende Aufgabe, ihr Marketing bekommt neue inspirierende Themen.
Wenn du für dich selbst, deinen Beruf, dein Unternehmen, dein Team oder deine Marke spürst, dass eine neue Geschichte gebraucht wird, wenn du im Aufbruch, am Sprung zur Verwandlung bist, wünscht du dir vermutlich unterstützende Begleitung. An diesem Punkt der Heldenreise, erscheint in aller Regel die mentorische Kraft.
Und wenn du das Gefühl hast, ich könnte dieser Mentor für dich sein, wäre es mir eine Ehre.
Dafür gibt es gleich mehrere Möglichkeiten, je nach Stand deiner Dinge. Die PowerHour als sehr einfache, schnelle Impulseinheit, das New Story Bootcamp als intensives Arbeitspaket vor allem für Marken & Unternehmen, oder das strukturierte New Story-Mentoring – also mein Platinum-Programm im One on One.
In jedem Fall arbeiten wir gemeinsam an deiner kraftvollen inneren Story, die dich bewegt, führt und antreibt.
Wir schärfen deine Perspektive, finden heraus, was der echte Kern deiner Aufgabe ist, welche Bedeutung deine Arbeit für dich und dein Publikum hat und welcher dein entscheidender Schritt nach dem berühmten „Warum” ist. Und schließlich präzisieren wir, was die einzigartige Wirkung deiner Arbeit ausmacht, und formulieren den entscheidenden Leitsatz für dich, deine Arbeit und alles, was danach kommt. Für deine Neue Geschichte, die du mit der Welt teilst, weil sie gut und für etwas gut ist.
„Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe”, sagt uns Khalil Gibran. „Und wenn ihr nicht mit Liebe, sondern nur mit Widerwillen arbeiten könnt, ist es besser, dass ihr eure Arbeit hinter euch lasst und am Tor des Tempels sitzt und dort Almosen von denen nehmt, die mit Freude arbeiten. Denn wenn ihr mit Gleichgültigkeit Brot backt, dann backt ihr ein bitteres Brot, das den Hunger des Menschen nur halb stillt. Und wenn ihr die Trauben mit Groll quetscht, destilliert ihr Groll als Gift in den Wein. Und wenn ihr auch wie Engel singt und dabei euren Gesang nicht mit Liebe füllt, dämpft ihr die Ohren des Menschen für die Stimmen des Tages und für die Stimmen der Nacht.”
Und meine Großmutter, die alte Story Dudette, wäre nicht meine Großmutter, würde sie nicht auch hier mit heißen europäisch glühenden Wangen hinzufügen: „New Story. New Glory.”